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EDITORIAL
Flüchtlinge von heute
Fachkräfte von morgen
Das Familienunternehmen Wolff & Müller mografische Wandel lässt grüßen! – die bildungsjahr. Es macht Jugendliche inner-
beschäftigt derzeit 22 Geflüchtete. 20 da- Jugend abhanden. Und die Jugendlichen, halb von zwölf Monaten sprachlich und
von sind fest angestellt oder durchlaufen die es noch gibt, streben andere Ausbil- fachlich fit für eine Ausbildung.
eine Ausbildung, hinzu kommen ein Prak- dungen an, als im Handwerk.
tikant und ein Ferienjobber. Ab Januar Während viele Konzerne wie Autoherstel-
2018 starten weitere 15 Flüchtlinge in den Daraus hat das Unternehmen aus der Lan- ler oder Maschinenbauer über Automati-
Qualifizierungsprogrammen, die das Un- deshauptstadt schon sehr früh die Lehren sierung – Stichwort: Roboter! – ihre Fach-
ternehmen speziell für die Zugewander- gezogen. Ähnlich dem Werben um Gast- arbeiterprobleme zumindest teilweise in
ten entwickelt hat. Mit diesen Zahlen ist arbeiter beispielsweise aus Italien in den den Griff bekommen können, deckt ein
der Mittelständler vielen größeren Unter- 60er-Jahren wird es bald auch ein Werben Roboter nicht das Dach, trägt den Innen-
nehmen voraus. Laut dem gemeinnützi- um junge und arbeitswillige Flüchtlinge putz auf, installiert die Heizung und Elek-
gen Recherchenetzwerk Correctiv hatten geben. Dass zunächst eine fundierte Aus- trik, setzt Fenster und Türen ein, verlegt
die 30 Konzerne im Deutschen Aktienin- bildung nebst Deutschkursen notwendig Böden. Wenn das Haus überhaupt hoch-
dex noch vor einem Jahr zusammen nur ist, um die Facharbeiterstellen auch zu be- gemauert wird. Denn dazu gehören in al-
125 Flüchtlinge eingestellt. Auf ein bör- setzen, versteht sich von selbst. Und Wolff len Gewerken ausgebildete Facharbeiter.
sennotiertes Unternehmen kommen da- & Müller handelte bereits entsprechend:
mit im Schnitt 4,2 beschäftigte Flüchtlin- Schon 2015 initiierte das Unternehmen Es müsste, so meine klare Meinung, viel
ge. Nicht nur gemessen an der Mitarbei- mit dem Jobcenter des Landkreises Lud- mehr Unternehmen geben wie Wolff &
terzahl von knapp 2000 zeigt der Stutt- wigsburg einen Bewerbertag nur für Müller, die eine Vorreiterrolle im Kampf
garter Mittelständler ein überdurch- Flüchtlinge. 450 Personen wurden im Vor- gegen den Fachkräftemangel spielen.
schnittlich großes Engagement. Auch in feld angeschrieben und eingeladen. 36 Und eine Politik, die das Engagement der
Baden-Württemberg sticht Wolff & Müller Kandidaten überzeugten in den ersten Firmen mit bürokratischen Hürden und
hervor: Aktuellen Medienberichten zufol- Gesprächen, einer bekam direkt einen unsinnigen Gesetzen nicht ausbremst.
ge beschäftigen 19 der größten Unterneh- Praktikumsplatz, einer eine Ausbildungs- Aber Deutschland hat ja nun gewählt ...
men in Baden-Württemberg im Schnitt stelle. Hans Schmid, Geschäftsführer der
21,7 Flüchtlinge als Angestellte, Studen- Projektentwicklungsgesellschaft D-Qua-
ten, Azubis oder Teilnehmer von Einstiegs- drat, übernahm die Koordination eines ei- Mit herzlichen Grüßen aus Stuttgart!
qualifizierungsprogrammen – zusammen gens gebildeten Teams bei Wolff & Müller,
nur so viele, wie die Stuttgarter schon ha- das wiederum mit externen Partnern aus
ben. Bildung und Verwaltung kooperierte. Mit
diesen Partnern legte das Bauunterneh-
Natürlich handelt Wolff & Müller nicht nur men zwei Qualifizierungsprogramme auf:
aus reiner Menschlichkeit. Denn in der Das viermonatige Qualifizierungspro-
Baubranche wurde am frühesten deutlich, gramm „Bau und Sprache“ bereitet die Florian Peter
woran es in Deutschland bereits in naher Flüchtlinge auf eine Anstellung als Bauhel- Redakteur
Zukunft fehlen wird, nämlich an Fachar- fer vor. Das Einstiegsqualifizierungsprak-
beitern. Den Deutschen kommt – der de- tikum ist ein sogenanntes „nulltes“ Aus- f.peter@kbdonline.de
KBD 10/2017 3