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EDITORIAL
Kommunen
entdecken das
Erbbaurecht neu
In Hamburg erklärten die rot-grünen Re- möchte laut Koalitionsvertrag Erbbau- können, um förderungswürdige Ziele zu
gierungsfraktionen im Juni, dass sie stra- rechte ausdrücklich einsetzen, um Nut- verwirklichen.
tegisch wichtige städtische Grundstücke zungsbindungen langfristig zu sichern.
wieder vermehrt im Erbbaurecht verge- Der Deutsche Erbbaurechtsverband wur-
ben wollen. In Leipzig startete bereits im Der durchschnittliche Kaufpreis für Bau- de 2013 gegründet, um über Erbbaurech-
März das Amt für Stadterneuerung und land ist in Deutschland seit 2011 kontinu- te aufzuklären und die Interessen der Erb-
Wohnungsbauförderung (ASW) zusam- ierlich gestiegen. Laut Statistischem Bun- baurechtsausgeber zu vertreten. „Wir
men mit der Leipziger Wohnungs- und desamt (Destatis) lag der Kaufwert pro freuen uns, dass die deutschen Städte und
Baugesellschaft mbH (LWB) ein Modell- Quadratmeter 2016 bei 127,93 Euro. Gemeinden das Erbbaurecht für sich wie-
projekt: Zwei Grundstücke sollen im Erb- Gleichzeitig wurde durch die Wohnimmo- derentdecken“, sagt der Verbandsge-
baurecht ausgeschrieben werden, um das bilienkreditrichtlinie die Kreditvergabe schäftsführer Dr. Matthias Nagel. „Auch
innerstädtische kostensparende und ko- strenger reglementiert. Für viele Interes- wenn es dieses Recht schon seit 1919 gibt,
operative Wohnen zu fördern. Im Land- senten ist es deshalb heute schwer, über- ist es heute so aktuell wie selten. Denn im
kreis Erding bei München begann im Feb- haupt Wohneigentum zu bilden. In dieser Erbbaurecht können die Kommunen die
ruar ein Erbbaurechtsprogramm zur sozia- Situation kann das Erbbaurecht eine gute dringend benötigten Flächen für den
len Eigenheimförderung. Und in Berlin hat Alternative sein. Denn beim Erwerb entfal- Wohnungsbau zur Verfügung stellen, oh-
die rot-rot-grüne Regierung die verstärkte len die Kosten für das Grundstück. Statt- ne ihr Tafelsilber zu verkaufen. Gleichzei-
Nutzung des Erbbaurechts schon 2016 dessen zahlt der Erbbaurechtsnehmer ei- tig ist die Schaffung von Wohneigentum
zum Bestandteil ihres Koalitionsvertrags nen jährlichen Erbbauzins an den Eigentü- – auch im Erbbaurecht – ein wichtiger Bau-
gemacht. Überall in Deutschland setzen mer des Grundstücks. Damit ist das Erb- stein, um Altersarmut zu verhindern.“
Städte und Gemeinden wieder verstärkt baurecht insbesondere für Käufer interes-
auf die Vergabe von Erbbaurechten, an- sant, die über wenig Liquidität verfügen
statt Grundstücke zu verkaufen. Warum oder ihr Eigenkapital schonen möchten. Mit herzlichen Grüßen aus Stuttgart!
das so ist, erklärt der Deutsche Erbbau-
rechtsverband, den ich an dieser Stelle In der Vergangenheit lag der jährliche Erb-
gerne zu Wort kommen lasse. bauzins üblicherweise bei 3 bis 5 Prozent
des Grundstückswerts. Dieser Betrag wird
Städte und Gemeinden, die Erbbaurechte allerdings individuell festgelegt und ist in-
vergeben, sichern sich dauerhaft ihre sofern verhandelbar. In Anbetracht der
Grundstücke und behalten weiterhin ei- niedrigen Hypothekenzinsen vergeben ei- Florian Peter
nen Einfluss auf deren Nutzung – ohne auf nige Grundstückseigentümer Erbbau- Redakteur
eine gute Rendite verzichten zu müssen. rechte aktuell zu günstigeren Konditio-
So vergeben das ASW und die LWB in Leip- nen. Die Stadt Hamburg hat beispielswei- f.peter@kbdonline.de
zig nur Erbbaurechte an Baugemeinschaf- se den Erbbauzins auf 2,1 Prozent ge-
ten, die den Wohnraum selbst nutzen senkt. In Berlin sieht der Koalitionsvertrag
wollen. Auch die Berliner Regierung vor, dass Erbbauzinsen abgesenkt werden www.erbbaurechtsverband.de
KBD 9/2017 3