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KOMMUNEN


        Gasgeräte
        Wenn aus einem L ein H wird





        Das  war  eine  klare  Ansage  aus  den  chem Zustand sind sie überhaupt? Und vor  Alle Netzbetreiber legen ihre Kosten über
        Niederlanden:  Spätestens  ab  Ende  allem: Muss man sie an das H-Gas anpas-  eine Umlage bundesweit auf alle Gasver-
        2029 wird unser Nachbar kein L-Gas  sen?                                braucher  um.  Ausnahmen  gibt  es  aber
        mehr nach Deutschland exportieren.                                      doch: Muss ein Gasgerät zum Beispiel oh-
        Die Folge: Die gewohnt zuverlässige  Betroffen sind nicht nur alle Gasheizungen  nehin  repariert  oder  gewartet  werden,
        Gasversorgung stünde in großen Tei-  aller Marken, sondern auch alle gasbetrie-  dann trägt der Kunde wie gewohnt diese
        len Deutschlands auf dem Spiel. Daher  benen Herde, Wäschetrockner, Durchlauf-  Kosten. Und wenn ein Gerät gar nicht auf
        legen jetzt über 40 L-Gasnetz-Betrei-  erhitzer oder die große Industrieanlage. Bei  H-Gas  umrüstfähig  ist?  Dann  muss  der
        ber beziehungsweise Stadtwerke den  Bedarf  bestellen  Netzbetreiber  wie  EWE  Kunde auf eigene Kosten ein neues Gerät
        Hebel um – auf alternatives H-Gas. So  Netz für die Kunden alle notwendigen Ori-  kaufen.  Dieses  muss  nach  Aussage  von
        kommt  es,  dass  warme  Heizungen  ginal-Umrüstsätze bei den Geräteherstel-  EWE Netz jedoch nur in extremen seltenen
        heute wieder ein deutsches Zukunfts-  lern. „Knapp zwölf Monate später instal-  Ausnahmefällen geschehen.
        projekt  sind.  Einer  der  größten  von
        der Umstellung betroffenen Netzbe-
        treiber ist die Oldenburger EWE Netz
        GmbH.  Die  Niedersachsen  starten
        jetzt mit ihrem Großprojekt „Erdgas-
        umstellung“.

        Vom Automotor kennt man es: Kaum eine
        Maschine verträgt sowohl Diesel als auch
        Benzin  als  Kraftstoff.  Ähnliches  gilt  für
        Gasgeräte in Gebäuden, viele können nur
        ein bestimmtes Erdgas nutzen: L- oder H-
        Gas. Von dem faktischen Ende des L-Gas-
        Exports aus den Niederlanden sind daher
        in  Nord-,  Mittel-  und  Westdeutschland
        insgesamt  mehrere  Millionen  Gasgeräte
        betroffen.  Denn  in  diesen  Landesteilen
        werden viele Kommunen traditionell mit                                                                   EWE
        L-Erdgas versorgt. So auch in der Region
        Ems-Weser-Elbe der EWE Netz. Allein die-  Bundesweit müssen über 40 Gasnetzbetreiber/Stadtwerke ihre Region auf H-Gas
        ser  Netzbetreiber  muss  daher  in  den  umstellen.
        nächsten  rund  zehn  Jahren  geschätzte
        700.000  Gasgeräte  manuell  erfassen,  lieren wir dann in der Regel die bestellten  Auslöser für das Großprojekt ist ein zuneh-
        überprüfen und eventuell an das alterna-  Umrüstsätze, oder wir nehmen händische  mendes Schwinden der Förderkapazitäten
        tive H-Gas anpassen.                Einstellungen am Gerät vor“, ergänzt Jan-  des  L-Gases  in  den  Niederlanden.  Hinzu
                                            ßen. Immer, wenn in einem Umstellbezirk  kommen in den Niederlanden Erdbeben,
        Der Ablauf der Erdgasumstellung ist vor-  alle Gasgeräte für das kommende H-Gas  bei denen die Erdgasförderung als Verur-
        geschrieben und bei allen Gasnetzbetrei-  fit gemacht wurden, kann der Gasnetzbe-  sacher vermutet wird. Spätestens ab 2029
        bern identisch. Für das Großprojekt teilen  treiber  ausschließlich  hier  jeweils  H-Gas  kann  unser  Nachbar  nahezu  kein  L-Gas
        Gasnetzbetreiber  ihre  Region  häufig  in  einleiten. Unterdessen arbeitet man bereits  mehr nach Deutschland exportieren. Da-
        kleinere Bezirke ein. Bei EWE Netz sind es  an den folgenden Umstellbezirken.  her verpflichtete der deutsche Gesetzge-
        über 100 Umstellbezirke. „In einem ersten                               ber bundesweit über 40 L-Gasnetz-Betrei-
        Schritt erfassen unsere Monteure jeweils  Laut EWE Netz sind die Servicebesuche der  ber auf H-Gas umzustellen. Das alternative
        alle Gasgeräte eines Bezirks. Dafür müssen  Gasmonteure und auch die Umrüstsätze  H-Gas  stammt  vorwiegend  aus  Russland
        sie jedes Gebäude mit Gasanschluss min-  für  Kunden  zunächst  kostenlos.  „Kein  und  Norwegen.  Die  Erdgaskapazitäten
        destens  zweimal  persönlich  aufsuchen“,  Kunde wird von uns eine Rechnung erhal-  sind hier auf Jahrzehnte gesichert. Bei den
        erläutert Kai Janßen, Gruppenleiter für die  ten, und unsere Monteure verlangen auch  zwei  Gassorten  liegt  der  Unterschied  im
        Erdgasumstellung bei EWE Netz, den kom-  vor Ort niemals Geld“, bestätigt Janßen.  Energiegehalt: H-Gas (High Calorific Gas)
        menden Aufwand. Das Ziel des ersten Be-  Allein bei EWE Netz wird es rund 300 Mil-  hat einen höheren Methangehalt und setzt
        suchs:  Den  aktuellen  Ist-Stand  erfahren.  lionen Euro kosten, die eigene Region auf  daher bei der Verbrennung mehr Energie
        Wie viele und welche Gasgeräte sind tat-  das alternative H-Gas einzustellen. Nur so  frei als L-Gas (Low Calorific Gas).
        sächlich  im  Einsatz?  Aus  welchem  Jahr-  können auch in Zukunft zum Beispiel noch
        zehnt  stammen  die  Geräte,  und  in  wel-  die Heizungen in der Region warm werden.       Kennwort: EWE


                                                                                                    KBD 4/2018  45
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