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DIE REPORTAGE
HFT STUTTGART/PIETZSCH
Einpflügen des ersten Kollektorfelds im Herbst 2012. Im Hintergrund Häuser der Plusenergiesiedlung Vordere Viehweide II.
pumpe und den Haushalt benötigte Strom wodurch Wüstenrot auch in Expertenkrei- zeitliche Phasenverschiebung zwi-
nicht aus dem öffentlichen Netz bezogen, sen zu einer Vorreiter-Gemeinde werden schen Stromgewinnung und Strombe-
sondern über die eigene Fotovoltaikanla- und öffentliche Förderung erhalten sollte. darf teilweise auszugleichen,
ge erzeugt, ist das ökologisch perfekt. l und die Wohnhäuser als KfW-Effi-
Und Perfektion gehört zum Plan der Ge- Erste Etappe des ehrgeizigen Vorhabens zienzhaus 55 mit einem maximalen
meinde Wüstenrot, um aus dem Neubau- war die Plusenergiesiedlung, deren wis- jährlichen Wärmebedarf von 55 Kilo-
gebiet einen Energieüberschuss zu erwirt- senschaftliche Umsetzung Pietruschka wattstunden/Quadratmeter gebaut
schaften. übernommen hat. Für die Realisierung im werden, das heißt 45 Prozent weniger
Baugebiet „Vordere Viehweide II“ war er- Primärenergie benötigen als ein ver-
Thomas Löffelhardt gelang es, mithilfe sei- forderlich, dass gleichbarer konventioneller Neubau.
nes Beraters Dirk Storz und dessen Firma
Die Erneuerbaren den richtigen Partner l die Grundstückskäufer dem Bau einer Die Idee geht weit über das Baugebiet Vor-
aus der Wissenschaft zu finden: Dr. Dirk Fotovoltaikanlage mit Mindestgröße dere Viehweide II als Plusenergiesiedlung
Pietruschka, Geschäftsführer des Instituts auf ihrem Haus zustimmen, hinaus. Das zweite Etappenziel ist, den
für Angewandte Forschung an der Hoch- l einige der Wohnhäuser mit Stromspei- Weg der Gemeinde bis zur Plusenergie-
schule für Technik (HFT) in Stuttgart. Der chergeräten neuester Bauart (im Rah- Kommune Wüstenrot im Jahr 2020 zu
schuf für das Projekt einen erweiterten men des Forschungsvorhabens kos- entwickeln. Ohne den Initiator Thomas
Rahmen und eine wissenschaftliche Basis, tenfrei) ausgestattet werden, um die Löffelhardt sowie seine Motivation und
Bereitschaft, viel Freizeit einem besonde-
ren Zweck zu opfern, wäre es nicht soweit
gekommen. „Von mir stecken über 500
Info her. In bestehenden Gebäuden wer- unbezahlte Arbeitsstunden in diesem Pro-
den damit die Förderbeträge nochmals jekt“, so Löffelhardt. „Doch ausschlagge-
Mit einem Investitionskostenzuschuss um die Hälfte erhöht. Weitere Boni bend war, dass Gemeinderäte und Bür-
werden Geothermieanlagen mit Wär- für Heizungsoptimierungen oder die germeister mutig die Innovationen gutge-
mepumpen bis zu einer Leistung von Kombination mit anderen Erneuerba- heißen und mir sowie meinen externen
100 Kilowatt gefördert. Im April 2015 ren Energien sind verfügbar. Die Bean- Beratern vertraut haben.“ Eine der Ideen
wurden die Regelungen zur Förderung tragung der Zuschüsse erfolgt über das war der Erwerb des Stromnetzes vom
von erneuerbaren Heizungen geän- Bundesamt für Wirtschaft und Aus- überregionalen Energiekonzern EnBW
dert. Die Mindestförderung für Erd- fuhrkontrolle. Das Marktanreizpro- durch die zu diesem Zweck gegründete
wärmeheizungen wurde auf 4000 gramm stellt ebenfalls Fördermittel für Energieversorgung Mainhardt-Wüstenrot
Euro beziehungsweise 4500 Euro (An- Geothermieanlagen mit mehr als 100 (EMW). Daran sind zwei Nachbargemein-
lagen mit Erdsonde) angehoben. Kilowatt zur Verfügung. Zuständig ist den und als technischer Partner der regio-
Grundsätzlich werden 100 Euro pro Ki- in diesem Fall die Kreditanstalt für Wie- nale Energieversorger Stadtwerke Schwä-
lowatt bezahlt. Besonders effiziente deraufbau (Quelle: Pressemitteilung bisch Hall beteiligt. Die Netzübernahme
Anlagen haben Anspruch auf die Inno- des Bundesverbandes Geothermie, 7. erfolgte im Juni 2012. Dann ging es, von
vationsförderung. Voraussetzung ist Juli 2016). der HFT Stuttgart gesteuert, mit riesigen
eine Jahresarbeitszahl von 4,5 oder hö- Schritten vorwärts.
22 KBD 12/2017