Wie befestigt man eine vom Verkehr stark belastete Ortsdurchfahrt neu, wenn diese nicht nur technischen, sondern auch optischen Ansprüchen genügen soll? Reine Asphaltflächen sind technisch durchaus praktikabel, optisch jedoch wenig reizvoll. herkömmlich gepflasterte Flächen sehen zwar oft besser aus, sind aber aufgrund ihrer mangelnden Verbundwirkung nicht immer geeignet, alle anfallenden Verkehrsbelastungen aufzunehmen. Viele klassische Verbundpflaster wiederum passen optisch nicht in jeden Ortskern. Eine gute Lösung für diese Fragestellung fand die Stadt Tübingen für die Neugestaltung der Ortsmitte im Stadtteil Hagelloch. Hier wurde Ende 2019 der Kreuzungsbereich zwischen Rathaus und evangelischer Kirche auf eine Art und weise saniert, die sowohl funktional als auch gestalterisch überzeugt.
Hagelloch liegt etwa 3 Kilometer nordwestlich des Stadtkerns von Tübingen ist ein beliebter Ausgangs- und Zielpunkt für Aktivitäten im nahe gelegenen Naturpark Schönbuch. Der in der Ortsmitte liegende Kreuzungsbereich zwischen Kirche und Rathaus war den Bürgern schon länger ein Dorn im Auge, denn der alte Asphaltbelag war sichtlich in die Jahre gekommen und daher optisch kein echter Genuss für den an sich sonst schmucken Vorort der Universitätsstadt. Außerdem mussten hier immer wieder kostenintensive Frostschäden behoben werden.
Um den Dorfkern um das Rathaus herum wieder aufzuwerten, beschlossen die Verantwortlichen im Jahre 2018 eine Neugestaltung des besagten Kreuzungsbereichs. Josef Pfister vom Tiefbauamt Tübingen beschreibt die Maßnahme: „Der Knackpunkt der zu sanierenden Fläche bestand in den starken Verkehrsbelastungen, die hier auftreten. Zum einen wird die Ortsdurchfahrt zum Abtransport von Holz aus dem Naturpark Schönbuch von schweren Lkw genutzt, andererseits fahren hier pro Tag rund 60 schwere Gelenkbusse über den Belag. Da es sich hier um eine 90-Grad-Kurve handelt, wirken sehr hohe Schub- und Scherkräfte auf die Flächen ein.“
Aus diesem Grund suchten die Stadtplaner nach einer Befestigungsmöglichkeit, die vor allem funktional den hohen Anforderungen gewachsen ist. „Aus optischen Gründen schied Asphalt für uns von vorneherein aus“, beschreibt Josef Pfister. „Schließlich sollte die Ortsmitte eine Aufwertung erfahren.“ Die Wahl für die insgesamt rund 2500 Quadratmeter großen Flächen (inklusive Gehwege) fiel auf den Betonpflasterbelag Spirell VS5 aus dem Hause Braun-Steine. Hierbei handelt es sich um einen Stein mit einer fünfseitigen Verschiebesicherung. Seine Rundumverzahnung und die gekerbte Unterseite sorgen dafür, dass es auch bei stark beanspruchten Flächen nicht zu Verschiebungen von Steinen kommt. „Die Besonderheit dieser Maßnahme besteht jedoch im Bettungs- und Fugenmaterial, der etwa 450 Quadratmeter großen Fahrbahn-Flächen“, betont Pfister. „In der Vergangenheit hatten wir immer wieder das Problem mit ausgewaschenen Fugen. Entleert sich die Fuge, dann kann diese mit der Zeit ihre Funktion als Puffer zwischen den Steinen nicht mehr wahrnehmen.
Schäden in der Fläche sind damit unweigerlich programmiert – vor allem bei Flächen, die einer hohen Verkehrsbelastung unterliegen. Um in Hagelloch auf Nummer sicher zu gehen, haben wir uns für eine
Sonderbauweise mit dem Bettungs- und Fugenmaterial Ecoprec entschieden.“ Ecoprec ist ein bitumenhaltiges Fugen- und Bettungsmaterial, das auf die Tragschicht im Heiß- oder Kalteinbau aufgetragen wird. Josef Pfister: „Wir haben in Hagelloch die Ecoprec-Cold-Variante zur Ausführung gebracht. Dabei wird das Schüttgut erkaltet und rieselfähig angeliefert, der Einbau erfolgt wie bei einer herkömmlichen Splittbettung.
Der große Vorteil dieser Bauweise lag für uns in den zwei Produkteigenschaften. Einerseits sorgt das bituminöse Material für eine dauerhaft stabile Fuge. Die üblichen Probleme, die man von Pflasterflächen kennt, bei denen sich Fugenmaterial auswäscht und es dann zu Schäden kommt, sind hier daher kein Thema“, so Pfister. „Andererseits ist Ecoprec nahezu wasserundurchlässig. Schäden durch eindringendes Wasser sowie Frostschäden müssen wir daher nicht befürchten, denn auftretendes Niederschlagswasser wird oberflächlich abgeführt.“
Eingebaut wurden die VS5-Pflastersteine von der Firma Roland Berger im Auftrag von Bercher & Malejko Pflasterbau aus Metzingen. Um noch eine bessere Verschubsicherung zu erzielen, verlegte man die Steine auf der Fahrbahn im Format 30 mal 15 Zentimeter mit einer Steindicke von 12,8 Zentimetern diagonal im Fischgrätverband. Auch gestalterisch macht die sanierte Fläche nun einiges her: „Passend zum Charakter des Ortskerns haben wir uns für die Sonderfarbe Melaphyr Forte, einem muschelkalkähnlichem Farbton, entschieden. So wird der Ortsmittelpunkt zusätzlich farblich betont“, erklärt Josef Pfister.
Info
Ecoprec ist ein von der SF-Kooperation entwickeltes bitumenhaltiges Fugen- und Bettungsmaterial sowie ein Bauverfahren für den Neubau oder die Sanierung von Betonpflastersteindecken. Basierend auf Erkenntnissen aus einem EU-Forschungsvorhaben aus dem Jahre 2001, wird diese Bauweise mit einer flexibel-gebundenen Bettung unter den Pflastersteinen ausgeführt. Bei Einhaltung einer bestimmten Zusammensetzung dieser Bettung erfolgt eine extrem hohe Reduzierung der Wasserdurchlässigkeit und dadurch eine Immobilisierung des Bettungsmaterials. Die Pflasterdecke bleibt dabei flexibel, was vor allem die horizontale und vertikale Stabilität der Betonpflasterfläche erhöht. Üblicherweise ist eine ausreichende Wasserdurchlässigkeit der Trag- und Frostschutzschicht für die Dauerhaftigkeit einer Pflasterfläche von sehr großer Bedeutung. Mit Ecoprec ist es möglich, Pflasterdecken auch auf nicht ausreichend wasserdurchlässigen Tragschichten zu verlegen.
Kennwort: SF Kooperation
Fotos: Tiefbauamt Tübingen (1); SF-Kooperation