Die kommunalen Spitzenverbände weisen angesichts des Fortgangs der Pandemie auf eine absehbar weiterhin angespannte Entwicklung der kommunalen Finanzlage hin. Zwar ist es den Ländern und dem Bund gelungen, die Kommunalfinanzen im ersten Jahr der Corona-Krise zu stabilisieren. Mit Blick auf die Folgejahre 2021 und 2022 ist die finanzielle Situation der Kommunen aber höchst unsicher und besorgniserregend. Ohne weitere Unterstützung droht im kommenden Jahr eine Finanzierungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben von gut 10 Milliarden Euro.
Zu den neuen Daten zur kommunalen Finanzlage sagten der Präsident des Deutschen Städtetags, Oberbürgermeister Burkhard Jung, Leipzig, der Präsident des Deutschen Landkreistags, Landrat Reinhard Sager, Kreis Ostholstein, und der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Bürgermeister Ralph Spiegler, Verbandsgemeinde Nieder-Olm: „Wir sind dankbar, dass Länder und Bund große Anstrengungen unternommen haben, damit die Kommunen im laufenden Jahr über ausreichende Finanzmittel verfügen – trotz wegbrechender Steuereinnahmen, steigender Sozialausgaben und vieler unvorhersehbarer Mehrausgaben etwa im Gesundheitsbereich. Es ist durch die Unterstützung gelungen, das Investitionsvolumen von Städten, Kreisen und Gemeinden zu stabilisieren.“
Anlass zu Sorge bietet dagegen der Ausblick auf die bislang ungeklärte kommunale Finanzlage für die Jahre 2021 und 2022. Dazu erläutern die Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände: „Viele Stützungsmaßnahmen wirken allein für das laufende Jahr 2020. Im kommenden Jahr jedoch droht ein
massiver Rückgang der Zuweisungen seitens der Länder für die Städte, Kreise und Gemeinden in Milliardenhöhe. Ein solcher Einbruch würde selbst bei steigenden Steuereinnahmen durch die
erwartete wirtschaftliche Erholung ein großes Loch in die kommunalen Haushalte reißen. Deshalb sind auch in den Jahren 2021 und 2022 Stabilisierungshilfen notwendig.“
Eine verlässliche detaillierte Prognose der kommunalen Finanzlage ist derzeit schwierig. Das liegt vor allem daran, dass in vielen Ländern noch über den Finanzausgleich verhandelt wird, der die Finanzausstattung der Kommunen sicherstellen soll. Diese Zuweisungen an die Kommunen sind in vielen Ländern an die Steuereinnahmen der Länder in den Vorjahren gekoppelt und würden nach geltender Gesetzeslage in den kommenden beiden Jahren deutlich sinken. „Solange über den Finanzausgleich und Hilfen für 2021 und 2022 noch nicht entschieden ist, ist die Planungsunsicherheit für die Kommunalhaushalte immens groß“, beklagen Jung, Sager und Spiegler. „Wir gehen aktuell für das Jahr 2021 von einer Finanzierungslücke der Kommunen zwischen Einnahmen und Ausgaben von gut 10 Milliarden Euro aus.“
Die Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände: „Wir gehen aktuell für das Jahr 2021 von einer Finanzierungslücke der Kommunen zwischen Einnahmen und Ausgaben von gut 10 Milliarden Euro aus. Wenn die Kommunen nicht schnell Hilfszusagen bekommen, bedeutet dies zwangsläufig drastische Kürzungen in den Haushalten – und das ausgerechnet bei den Investitionen. Investitionen zu kürzen ist Gift
für die Konjunktur. Das würde den Aufschwung gefährden. Deshalb benötigen wir rasche Zusagen für Unterstützung.“ Für das laufende Jahr 2020 rechnet die Prognose der kommunalen Spitzenverbände mit einem geringen Finanzierungsdefizit von einer halben Milliarde Euro. Das beruht vor allem auf den geleisteten Hilfszahlungen von Bund und Ländern, die erheblich zu dem voraussichtlichen Zuwachs der Zuweisungen der Länder um 20 Prozent beziehungsweise 21 Milliarden Euro beitragen. Die Investitionen liegen voraussichtlich rund 3 Prozent über denen des Vorjahres, aber deutlich unter dem vor Corona erwarteten Niveau. Die Steuereinnahmen gehen um etwa 10 Prozent zurück.
Info
Der öffentliche Nahverkehr ist gerade in den Städten und Ballungsräumen das Herzstück einer nachhaltigen, klimafreundlichen Mobilität, meint Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Leipzig. Er erklärt, warum eine Rückkehr zu den Fahrgastzahlen der Vergangenheit für die Städte so wichtig ist. „Die Städte wollen trotz Corona einen leistungsstarken öffentlichen Personennahverkehr (OPNV) sichern, der die Menschen umweltfreundlich zur Arbeit, zum Einkaufen oder nach Hause bringt. Nur so wird uns die Verkehrswende gelingen: mit weniger Autofahrten, mehr Radverkehr und möglichst vielen Menschen, die Bus und Bahn nutzen. Corona darf die Verkehrswende nicht ausbremsen. Der ÖPNV ist nicht der Corona-Transporteur. Die Menschen müssen dem ÖPNV vertrauen können; dazu müssen wir uns alle an die Maskenpflicht halten und sie ernst nehmen. Masken machen den ÖPNV noch sicherer. Die meisten haben das verstanden.“
Kennwort: Städtetag
Fotos: Verkehrsverbund Stuttgart, Deutscher Städtetag