Vermeintlich Gutes tun – und Schlechtes bewirken!
Der Deutsche Mieterbund (DMB) und der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW warnen vor erheblichen negativen Auswirkungen auf den sozialen Wohnungsbau und die Mieter kommunaler
und öffentlicher Wohnungsunternehmen in Deutschland. Hintergrund ist die Abstimmung Mitte Januar über einen Änderungsantrag zur Energieeffizienzrichtlinie im Europäischen Parlament. Der Antrag sieht vor, die verpflichtende Sanierungsrate in Höhe von 3 Prozent pro Jahr, die bereits für Gebäude im Besitz der Zentralregierungen gilt, ebenso auf Gebäude von Ländern, Kommunen und Sozialwohnungen auszuweiten. Der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments hatte den Entwurf Ende November 2017 verabschiedet.
„Sollten die Wohnungsunternehmen tatsächlich dazu verpflichtet werden, ihre Sanierungsrate auf 3 Prozent pro Jahr zu erhöhen, würde das eine Verdreifachung ihrer bereits sehr großen Bemühungen für noch mehr Energieeffizienz bei Wohngebäuden notwendig machen. Das wäre eine unverhältnismäßige Belastung für die sozial orientierten Vermieter und insbesondere einkommensschwächere Mieter in Deutschland“, warnte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW. Zudem würde den Wohnungsunternehmen durch eine Belastung diesen Ausmaßes die Finanzkraft für die so notwendigen Investitionen in den Wohnungsneubau fehlen. Und die infolge der starken Neubaunachfrage bereits deutlich gestiegenen Baupreise würden weiter anziehen.
Deutliche Mietpreissteigerungen von monatlich 2 Euro pro Quadratmeter und mehr wären angesichts einer verpflichtenden 3 prozentigen Sanierungsrate unausweichlich. Gerade das suchen Wohnungsunternehmen
bei der energetischen Modernisierung zu vermeiden, um bezahlbares Wohnen für ihre Mieter gewährleisten zu können. Eine solch enorme Erhöhung der Effizienzvorgaben ließe sich allerdings
nicht anders finanzieren. Denn bei geschätzten Investitionskosten von 30.000 Euro pro zu sanierender Wohneinheit würde ohne entsprechende Mieterhöhungen eine Mehrbelastung der Wohnungswirtschaft
von insgesamt 1,38 Milliarden Euro pro Jahr entstehen.
Hinzu kommt, dass in Deutschland ein eklatanter Mangel an bezahlbaren Mietwohnungen besteht. In diesem Marktsegment spielen gerade Sozialwohnungen und auch Wohnungen kommunaler Unternehmen eine entscheidende Rolle. „Grundsätzlich begrüßen wir Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Verringerung der Heizkosten. Die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen
muss aber sozialverträglich machbar sein. Wenn die EU verpflichtende Sanierungsvorgaben macht, muss die Politik dafür sorgen, dass das Delta der fehlenden Wirtschaftlichkeit für den Mieter ausgeglichen
wird. Davon ist aber nichts zu hören“, erklärte Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes.
Anders als in anderen EU-Ländern werden in Deutschland die Kosten für energieeffizientes soziales und bezahlbares Wohnen nicht vom Staat oder den Kommunen übernommen, das heißt, die Miete hängt
bei energetischen Modernisierungen vor allem von der Höhe der Baukosten ab. Deshalb können zwar durch zusätzliche Maßnahmen die Energiekosten vermindert werden, aber die Bruttomiete und damit
die Wohnkosten steigen. Da es in der EU keine einheitliche Wohnraumversorgung und -bewirtschaftung gibt, kann eine einheitliche europäische Vorgabe zur verpflichtenden energetischen Sanierung
der kommunalen Wohnungsbestände in Deutschland letztlich nur großen Schaden anrichten.
Mit herzlichen Grüßen aus Stuttgart!
Florian Peter, Redakteur