Privatisierungs-Rausch wird zum Pulverfass
Der Bundesverband für Immobilienwirtschaft (BVFI) hat die Bundesregierung für deren Wohnungsbaupolitik kritisiert und fordert mehr Anreize für den Wohnungsbau. Denn Deutschland fehlt es an Wohnraum im Allgemeinen und an bezahlbarem Wohnraum im Besonderen. Das gilt erst recht für die großen Ballungszentren wie Frankfurt, München oder Hamburg und Stuttgart. Der Bundesverband für Immobilienwirtschaft bemängelt seit Langem die verfehlte Wohnungsbaupolitik der aktuellen wie der Vorgänger-Regierungen. Wie der BVFI mitteilte, ist die Wohnungsnot in Deutschland ein sozialpolitisches Pulverfass, auf dem Städte und Kommunen sitzen; 620.000 Menschen lebten aktuell bundesweit ohne Wohnung. „Wir verlieren jährlich rund 400.000 Wohnungen allein durch Umwidmung oder Abriss. Während die Politik 150.000 bis 180.000 neu erstellte Wohneinheiten pro Jahr als unglaublichen Erfolg feiert, schrumpft unser Wohnungsbestand jährlich rapide“, rügt Jürgen Engelberth, Vorstandsvorsitzender des BVFI. Einer Aussage, der nichts hinzuzufügen ist.
Daten der Hans-Böckler-Stiftung zufolge fehlen in 77 Großstädten insgesamt etwa 1,9 Millionen Wohneinheiten. Das knappe Angebot sorgt für seit Jahren steigende Mieten; in Berlin allein im vergangenen Jahr um 5,6 Prozent. „Es sind immense Anstrengungen nötig, um diesen Trend nicht nur zu stoppen, sondern umzukehren. Hier rächt sich der Privatisierungsirrsinn im sozialen Wohnungsbau von Städten und Kommunen in den vergangenen Jahrzehnten, und die Mietpreisbremse ist dabei ein zahnloser Tiger“, so Engelberth weiter.
Der BVFI setzt sich dafür ein, dass Maßnahmen, wie die Senkung der Grunderwerbsteuer, Eigenkapitalersatzdarlehen für einkommensschwache Familien oder eine Deregulierung von Bauvorschriften und Bürokratie sowie eine steigende Ausweisung von Bauland, endlich angefasst werden.
Und es ist in der Tat ja so, dass Städte und Gemeinden angesichts knapper Kassen ihre Wohnungsbestände an Immobiliengesellschaften verkauft, wenn nicht gar verscherbelt haben, um ihren finanziellen Spielraum etwas zu verbessern. Dieser wurde immer schlechter, weil vom Bund damals in Bonn, danach in Berlin immer weniger Geld floss, um die Kommunen am Leben zu erhalten. Dass es natürlich den Käufern der Immobilien, seien es Bestände der kommunalen Wohnbaugesellschaften oder Sozialwohnungen, nicht daran gelegen war, den Wohnraum weiter günstig zu vermieten, sondern ordentlich Geld daraus zu ziehen, etwa durch Luxussanierungen, hätte den Kommunalpolitikern damals eigentlich klar sein müssen.
Andererseits: Was will man machen, wenn man kein Geld mehr hat, vielleicht sogar auf einem hohen Schuldenberg sitzt? Man macht flüssig, was eben geht. Und dazu gehörten leider auch die Wohnungsbestände. Und deshalb wären natürlich auch der Bund, der nicht nur die Infrastruktur verkommen ließ, sondern eben auch die Gemeinden in der Pflicht, das damals Versäumte nachzuholen. Sehr viel Geld muss endlich in die Hand genommen werden, um die Missstände zu beheben. Sowohl eben beim genannten (Sozial-)Wohnungsbau oder aber ebenso bei der Klimapolitik, der Infrastruktur von Straße und Bahn, der Bildungen und anderen Feldern mehr.
Eine schwarze Null hilft da nicht wirklich weiter, lieber Herr Finanzminister. Dieser kann zurzeit Geld aufnehmen und verdient dabei auch noch! Im Gegensatz zu uns Normalbürgern, die für ihr Erspartes keine Zinsen mehr sehen, sich kaum noch Wohnraum leisten können und sich ärgern müssen, wenn die S-Bahn mal wieder zu spät kommt.
Mit den besten Grüßen
Florian Peter