Zum wiederholten Mal: Griff in die Mottenkiste
„Die Forderung des IW Köln, die Städte sollen ihre kommunalen Wohnungsunternehmen verkaufen, entbehrt jeglicher sachlichen Grundlage“, erklärt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft. Das IW Köln hatte jüngst einmal mehr angeregt, die Städte könnten ihre Wohnungsbestände abgeben, um sich so zu entschulden. „Das ist ein Vorschlag aus der Mottenkiste“, sagt Gedaschko. Ein Vergleich, dem ich mich nur anschließen kann. Und ich fühle mich an meine Schulzeit erinnert, als der Deutsch-Lehrer an den Rand meines Aufsatzes mehrfach „Wdh!“ kritzelte, was so viel wie „Wiederholung!“ heißt. Klar gab es dazu Abzüge in der Note. Wie für das IW Köln, das mit der wiederholten Forderung ebenfalls zu einem „Wiederholungs- Täter“ mit schlechter Beurteilung wird.
„Es ist völlig klar, dass bei der Entscheidung, ob eine Kommune ihr Wohnungsunternehmen verkaufen sollte, kurzfristige Renditegedanken kein guter Ratgeber sind“, erklärte Gedaschko. Solche Kauferlöse führten nur selten zu einer nachhaltigen Konsolidierung des Haushalts, im Gegenteil: Auf lange Sicht gesehen würde der Verkauf kommunaler Wohnungsunternehmen sogar die Finanzierungsprobleme einer Stadt verschärfen, weil dadurch das strukturelle Defizit nicht beseitigt, sondern eher konserviert wird. In der Zukunft hat die Kommune dann weiterhin Finanzprobleme, aber hat kein strategisches Steuerungsinstrument mehr. Das können sich die Kommunen bei den aktuellen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt heute nicht mehr leisten.
„Gerade angesichts sinkender Belegungsrechte an Sozialwohnungen sind die Wohnungsunternehmen ein wichtiges noch verbleibendes Steuerungsinstrument auf den lokalen Wohnungsmärkten der Städte und Kommunen. Kommunaler Wohnraumversorgungsauftrag und Daseinsvorsorge müssen – neben der Stadtentwicklung – auch in Zukunft erfüllt beziehungsweise gewährleistet werden“, so Gedaschko. Der Trend geht daher in vielen Regionen und Städten weg vom Verkauf und hin zur Neugründung von kommunalen Wohnungsunternehmen. Für viele Städte sind ihre Wohnungsunternehmen die letzte Möglichkeit, gefährdete Quartiere zu stabilisieren oder Maßnahmen der Stadtentwicklung aktiv anzupacken.
Um die Jahrtausendwende war es in Deutschland zur Veräußerung öffentlicher und kommunaler Wohnungsunternehmen gekommen. Schon damals war es nur ein schöner Schein, wenn man behauptet hat, man könne durch den Verkauf von Wohnungsgesellschaften die öffentlichen Haushalte sanieren. Der einmalige Geldzufluss konnte den dauerhaften Vermögensverlust und den Verzicht auf künftige Einnahmen nicht ausgleichen. Die einmaligen Einnahmen schmolzen dahin wie Schnee in der Sonne, und der ursprüngliche Schuldenstand wurde meist sehr bald wieder erreicht.
Es führt kein Weg daran vorbei: Die Stärke des deutschen Wohnungsmarkts ist seine Vielseitigkeit. Neben den privaten, den kommunalen und öffentlichen Wohnungsunternehmen verfügt Deutschland über einen beträchtlichen Anteil an Genossenschaftswohnungen sowie Wohnungen unter kirchlicher Trägerschaft. Diese unterschiedlichen Strukturen machen Wohnen für verschiedene Bedürfnisse und in unterschiedlichen Ausprägungen möglich. Dieses ausgewogene Verhältnis jetzt durch blinde Verkäufe zu stören, würde, so fürchte ich, den Wohnungsmarkt insgesamt gefährden und den Mietern in Deutschland schaden. Die 740 kommunalen und öffentlichen Wohnungsunternehmen mit ihren rund 2,4 Millionen Wohnungen sind wichtige Partner der Städte und Gemeinden in Deutschland. Sie versorgen breite Schichten der Bevölkerung mit guter Wohnqualität zu bezahlbaren Mieten und beziehen dabei auch die Menschen mit ein, die sich aus eigener Kraft auf dem Wohnungsmarkt nicht behaupten können.
Mit herzlichen Grüßen aus Stuttgart!
Florian Peter, Redakteur