Deutschlands Asbest-Problem ist noch lange nicht gelöst: in 75 Prozent der deutschen Gebäude könnten Putze und Spachtelmassen vorhanden sein, die Asbest enthalten und somit als Gefahrstoff gelten, schätzt TÜV nord. Zudem werden zeitnah mindestens eine Million asbesthaltige Brandschutzklappen prüffällig. die Prüfungen dieser mit dem krebserregenden Werkstoff belasteten Bauprodukte waren lange mit einem enormen Risiko verbunden und wurden daher oft aufgeschoben. TÜV nord ist dank neu entwickelter Verfahren zur Prüfung auf Asbest in der Lage, die Gebäudebetreiber dabei zu unterstützen, ihren Wartungs- und Prüfpflichten zügig nachzukommen – risikofrei und kosteneffizient.
Bauprodukte mit einem Asbestanteil ab bereits 0,1 Prozent gelten nach deutschem Recht als Gefahrstoff. Thomas Schliwka, Leiter des Labors für Bauwerksuntersuchungen von TÜV Nord, warnt: „Gesetzlich sind die Betreiber verpflichtet, Brandschutzklappen regelmäßig zu warten beziehungsweise Asbestschutzbedingungen bei Baumaßnahmen zu erfüllen.“
Bauherren, die Baumaßnahmen an einem wahrscheinlich asbestbelasteten Gebäude vornehmen wollen, stehen regelmäßig vor einer Herausforderung: Bevor die Arbeiten beginnen können, müssen sie eine Gefährdungsbeurteilung veranlassen. „Mit unseren neuen Prüfprozessen für Putze und Spachtelmassen können wir beurteilen, ob definierte Bauwerksflächen als mit Asbest belastet gelten müssen oder nicht“, sagt Schliwka. Dafür bildet TÜV Nord sogenannte Safety Advisors aus, Experten für die Gefährdungsbeurteilung. Üblicherweise sind verputzte Flächen eines Gebäudes zu groß, um sie mithilfe einzelner Proben korrekt bewerten zu können. Der Safety Advisor ist jedoch geschult, Stichproben zu entnehmen, die die gesamte Putzfläche repräsentiert. Anschließend bereitet er die Proben mithilfe einer speziellen Methode für die weitere mikroskopische Untersuchung vor. „Durch den neuen Prüfprozess lässt sich einfach und schnell bestimmen, ob Asbest verbaut wurde und somit bei Baumaßnahmen Schutzvorkehrungen erforderlich sind“, erklärt Schliwka.
Auch das Prüfen von eventuell asbesthaltigen Brandschutzklappen stellte Gebäudebetreiber bisher vor enorme Herausforderungen. „Da im Prüfverfahren Asbestfasern theoretisch freigesetzt werden können, schrecken manche Prüforganisationen vor den baurechtlich vorgeschriebenen Tests zurück. TÜV Nord ist aktuell der einzige Dienstleister, der prüft und gleichzeitig nachweisen kann, dass es dabei zu keinem Asbestaustritt kommt“, sagt Schliwka. Bereits im vergangenen Jahr entwickelte das Labor von TÜV Nord ein Prüfverfahren für die Gefährdungsbeurteilung von asbesthaltigen Brandschutzklappen. Gemäß offiziellen Leitlinien dürfen Brandschutzklappen nur auslösen, wenn eine Gefährdungsbeurteilung ausschließt, dass dabei Asbest freigesetzt wird. Für Tests müssen die Klappen regelmäßig ausgelöst werden – das ist baurechtlich vorgeschrieben. Wenn aufgrund fehlender Gefährdungsbeurteilung die Klappen nicht getestet werden dürfen, besteht daher ein Mangel. Der Safety Advisor kann mit dem Prüfverfahren von TÜV Nord die Gefährdung beurteilen und auch unmittelbar vor dem Testen feststellen, ob das Material intakt und damit eine As bestfreigabe ausgeschlossen ist. Schliwka: „Gebäudebetreiber können sich so den vorsorglichen Austausch aller Brandschutzklappen sparen, was im Einzelfall mit sehr hohen Aufwendungen verbunden sein kann.“
Asbest stellt für viele Gebäudebetreiber ein großes Problem dar, da der krebserregende Werkstoff Baumaßnahmen nur unter aufwendigen Schutzvorkehrungen erlaubt. Davon sind auch viele öffentliche Gebäude wie Krankenhäuser, Einkaufszentren und Schulen betroffen. Zu den Aufgaben des Labors für Bauwerksuntersuchungen von TÜV Nord zählt insbesondere das Arbeitsgebiet „Sicherheit für Leben und Gesundheit in Bauwerken“. Daher legt TÜV Nord großen Wert darauf, Lösungen für das Asbestproblem zu entwickeln, und wird im Februar 2020 dazu ein Asbest-Forum veranstalten.
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