Mit rund 85.000 Einwohnern gehört die Industriestadt Velbert nicht zu den Schwergewichten, wie etwa die Städte im benachbarten Ruhrgebiet. „Das ist vielleicht ein Grund dafür, dass wir bis 2017 ein ‚weißer Fleck‘ beim Breitbandausbau geblieben sind, für den die großen Netzbetreiber, die in der Region aktiv waren, keinen übermäßigen Ehrgeiz entwickelten. So haben wir die Chance gesehen, über ein eigenes Netz neue Geschäftsmodelle zu erschließen“, erinnert sich Stefan Freitag, Geschäftsführer der Stadtwerke Velbert GmbH, an die Ursprünge des Projekts.
Und das hat es durchaus in sich: Mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 100 Millionen Euro soll das Glasfasernetz in Velbert bis 2025 flächendeckend verlegt sein und fast 15.000 Gebäude angeschlossen werden. „Für Velbert ist das ein Jahrhundertprojekt, vergleichbar mit dem Aufbau der ersten Energienetze vor 130 Jahren“, so Stefan Freitag. Der Einstieg in den Ausbau erfolgte dennoch zunächst mit „gedämpfter Kraft“ und eher stadtwerketypisch: „Für uns war das erst einmal ein Infrastrukturprojekt: Mit Netzen legen kennen wir uns aus, dachten wir damals. Die Fragen des technischen Betriebs und vor allem auch des Vertriebs haben wir dagegen in der ersten Zeit eher vernachlässigt“, so Freitag weiter. Anfang 2020 fiel dann der Beschluss, die gesamte Breitbandstrategie in Velbert nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Auch in Sachen externer Berater setzte man auf einen Neuanfang. „Ziel war es, ein belastbares Geschäftsmodell zu entwickeln, mit dem wir langfristig Geld verdienen können. Und bei dem wir nicht in Abhängigkeiten geraten, über die wir keine Kontrolle mehr haben“, beschreibt Stefan Freitag die Vorgaben.
Den Zuschlag erhielt schließlich Tkt-Vivax. „Natürlich war es nicht möglich, das entsprechende Know-how in so kurzer Zeit im eigenen Hause aufbauen. Deswegen entschlossen wir uns, in der Übergangszeit ein Interimsmanagement für die neu geschaffene Abteilung aufzusetzen“, erläutert Stefan Freitag. Die Aufgabe der Interimsbereichsleitung übernahm Tkt-Vivax-Geschäftsführer Dirk Fieml, der bei der Umsetzung von einem bis zu zehnköpfigen Team unterstützt wurde, zu festen Zeiten vor Ort in Velbert. Der erste Schritt war die Identifizierung eines erfolgversprechenden Geschäftsmodells. Das Ergebnis: Die besten wirtschaftlichen Perspektiven bot die Aufstellung als Vollan bieter mit eigenen Produkten für Internet, Telefonie und IPTV. Um dieses Ziel umzusetzen, startete Tkt-Vivax in Velbert durch. So wurde sehr kurzfristig mit der Implementierung der eigenen Softwarelösung Diclina begonnen, die speziell auf das Breitbandnetzund -kundenmanagement ausgerichtet ist.
„Abgesehen vom Tiefbau hat ein Breitbandnetz technologisch sehr wenig mit herkömmlichen Strom-, Gas oder Wassernetzen gemeinsam. Das wird von vielen Stadtwerken unterschätzt: Ohne entsprechendes Know-how und vor allem auch darauf ausgerichtete IT-Werkzeuge sind solch ein Netz und seine Kunden nicht zu managen“, erklärt Dirk Fieml. „Auch die Prozesse unterscheiden sich deutlich von denen im Energieumfeld. Erfolgsentscheidend ist es deswegen, die Abläufe im Unternehmen an die neuen Anforderungen anzupassen“, so Fieml weiter. Dazu kommt der Vertrieb: „Für den wirtschaftlichen Erfolg ist es entscheidend, schon zu Beginn des Ausbaus möglichst viele Verträge abzuschließen und vor allem auch eine hohe Anschlussquote zu erreichen. Dazu werden aber komplett andere Vertriebsqualitäten benötigt als bei der Vermarktung von Strom oder Gas. Die Vertriebsteams müssen auf die Straße gehen und die Zielgruppe direkt und persönlich ansprechen“, beschreibt Dirk Fieml die Herausforderung.
Auch hier wurde deswegen zunächst ein eigenes Team von Tkt-Vivax vor Ort eingesetzt. Daneben wurde über die Koppelung von Epilot, der E-CommerceCloud-Lösung für die Energiewelt, mit Diclina ein Volldigitalisierter End-to-End-Prozess vom Kundenportal bis zur Aktivschaltung des Kunden implementiert.
Auch bei der Identifizierung geeigneter Vorlieferanten und der Vertragsgestaltung unterstützte Tkt-Vivax die Stadtwerke Velbert. So wurden neue Verträge mit Vorlieferanten für Internet, Telefonie und Fernsehangebote unter Dach und Fach gebracht. Für ComBert, die Breitband-Marke der Stadtwerke Velbert, konnte darüber hinaus innerhalb weniger Wochen ein einzigartiges Einstiegspaket geschnürt werden: Für nur 19,95 Euro im Monat können Privatkunden seit Ende April 2020 das superschnelle Paket mit 1000 Megabit/Sekunde im Upload und 500 Megabit/Sekunde im Download ein ganzes Jahr lang ausprobieren. Erst danach steigt der Preis auf 49,95 Euro im Monat. Falls dem Kunden das zu teuer ist, erhält er eine Downgrade-Garantie auf ein kleineres Volumen. Der Erfolg: Trotz Corona wurden in den
ersten sechs Monaten schon 1500 Neukunden gewonnen.
Kennwort: Velbert
Foto: Tkt-Vivax