Wenn es um Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien geht, sollen Bauvorhaben der öffentlichen Hand nach dem Willen der Gesetzgeber Vorzeigecharakter haben. Bei dem neubau des Schulcampus im hessischen Usingen ist das auf jeden Fall so. der Komplex wird zwei Schulen und rund 600 Schülern ideale Lernbedingungen bieten. dafür sorgen unter anderem eine Fußbodenheizung und eine Lüftungsanlage, über die im Sommer auch gekühlt wird. die Energie dazu liefern zwei Wärmepumpen, angeschlossen an 23 Erdsonden mit bis zu 182 Metern tiefe. Zur Effizienzsteigerung werden die Energieströme der gesamten Anlage über eine Gebäudeleittechnik erfasst. die Anforderungen an die dazu notwendige Messtechnik konnte der Spezialist WdV-Molliné aus einer Hand erfüllen.
Einen modernen Schulkomplex auf die sprichwörtliche grüne Wiese zu setzen, ist Chance und Herausforderung zugleich – sowohl pädagogisch als auch gebäudetechnisch. Wegweisend dafür ist der neue Campus im hessischen Usingen. Der Hochtaunuskreis als Bauherr investierte dort rund 35 Millionen Euro in einen Neubau für zwei Schulen, der die baulichen Vorrausetzungen zur Inklusion von Kindern mit Handicaps in den Regelschulbetrieb schafft. Neben der selbstverständlichen barrierefreien Zugänglichkeit wurde bei der Gestaltung an viele weitere Details gedacht: „Eine gute Akustik in den Klassenräumen unterstützt hörbehinderte Kinder, große Fensterflächen, durch die viel Tageslicht einfällt, helfen Schülern mit eingeschränkter Sehkraft. Die klare Gliederung in acht Gebäudeteile vereinfacht die Orientierung“, so fasst Architekt Norbert Henzgen einige wenige Aspekte der baulichen Rahmenbedingungen für einen inklusiven Schulbetrieb zusammen.
Henzgen ist Projektleiter für den Neubau beim Fachbereich Hochbau des Hochtaunuskreises. Von dieser Abteilung kommt viel Lob für das Konzept aus der Feder von Jochen Spiegelberger (LS Architekten BDA, Traunstein), dessen Büro den Architektenwettbewerb gewonnen hatte: Am Usinger Campus sind Lernbedingungen für sehr unterschiedliche Bedürfnisse geschaffen worden. Denn die zweite Schule auf dem Gelände, die Paula-Fürst-Schule, ist eine Förderschule.
|Energetisch vorbildlich
Nicht nur in punkto Inklusion soll der Schulcampus in Usingen ein Vorzeigeprojekt sein. „Der Hochtaunuskreis möchte bei seinen Bauvorhaben zeigen, wie sparsam und innovativ man mit dem Thema Energie umgehen kann“, erklärt Achim Braun. Er arbeitet als Technikingenieur beim Hochtaunuskreis. Der Kreis wollte besser bauen, als es die Energieeinsparverordnung (EnEV) vorgibt und damit sowohl Impulse für private Bauvorhaben geben als auch die Energiekosten des Schulgebäudes senken. Das Energiekonzept für den neuen Schulcampus Usingen beruht auf einer Grundlastabdeckung per Geothermie mit zwei 110-Kilowatt-Wärmepumpen. Lastspitzen werden über einen 310-Kilowatt-Gas-Brennwertkessel abgefangen. Die Verteilung der Raumwärme erfolgt über die Fußbodenheizung. Das hat den Vorteil, dass bei Bedarf auch passiv gekühlt werden kann. Zusätzlich ist eine aktive Kühlung über die Lüftungsanlage vorgesehen. Denn durch die hochgedämmten Fassaden und großen Fensterflächen entstehen auch außerhalb der schulfreien Sommermonate schnell hohe Wärmelasten. Diese abzuführen kommt nicht nur den Schülern in den Klassenräumen zugute. Dadurch kann auch eine ausgeglichene Energiebilanz bei der Geothermie erzielt werden.
Die Rückführung von Wärme ins Erdreich durch passive Gebäudekühlung ist bei Anlagen mit Leistungen über 30 Kilowatt eine Forderung des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie. Dieses Vorgehen wirkt der Auskühlung des Erdreichs entgegen und schützt damit zum einen das Mikroklima im Boden. Zum anderen ermöglicht es dauerhaft eine effiziente Nutzung der Geothermie.
|Zusätzliches Effizienzplus durch Messtechnik
Die Gebäudehülle gegen Wärmeverluste zu dämmen und ein effizientes System zur Wärmeerzeugung und -verteilung sind aber nur zwei von drei Säulen, auf denen die langfristige Einsparung von Energiekosten beruht. Die Energieverbräuche auf dem Campus müssen den zwei Schulen exakt zugeordnet werden können. Deshalb war eine entsprechende Verbrauchsmesstechnik erforderlich. Der Energieeinsatz soll zukünftig genau beobachtet werden können, um im Betriebsablauf Optimierungspotenziale zu erkennen. WDV-Molliné hat diese Aufgaben aus einer Hand mit abgestimmten Systemen gelöst.
Zu den Vorgaben gehörte auch, Zähler für unterschiedliche Medien zu installieren und die Daten per LON-Bus an die Gebäudeleittechnik (GLT) zu übertragen. Erfasst werden neben den Wasserverbräuchen (zehn Wasserzähler Hydromess 62) auch alle Wärmeströme – von der Gewinnung (Geothermie), der Erzeugung (Spitzenlast-Gas-Brennwertkessel) bis zur Verteilung (Fußbodenheizung). Hinzu kommen die Volumenströme aus dem 4000 Liter großen Kaltwasser-Pufferspeicher zur aktiven Kühlung der Klassenräume über die Lüftungsanlage sowie die Wärmerückführung ins Erdreich.
Für die Erfassung der Wärme- und Kältemengen werden durchgehend Zähler mit Ultraschallmesstechnik eingesetzt (Ultramess 602; siehe Info-Kasten). Da hierbei für die Messung keine Teile in den Medienstrom eingeführt werden, weisen solche Zähler praktisch keine Druckverluste auf und sind verschleißfrei. Wartungs- und verschleißfreie Zähler waren den Auftraggebern vom Hochtaunuskreis wichtig. Die Verbrauchswerte werden nicht für eine Berechnung an Dritte genutzt, sondern für die interne Kostenzuordnung. Insofern sind diese Zähler nicht der Eichfrist von fünf Jahren unterworfen und können länger genutzt werden. Die Messgenauigkeit darf aber auch bei längeren Betriebszeiten nicht leiden. „Sonst würden die Erkenntnisse aus dem Energie-Monitoring irreführen, statt zur Optimierung beizutragen“, sagt Achim Braun.
Für ein aussagefähiges Energie-Monitoring übermitteln rund 20 Zähler Daten an die GLT: Drei Wärmemengenzähler sind in der Verteilung des Gas-Brennwertkessels installiert. Neun Kältezähler ermitteln Durchflussmengen und Medientemperatur des Kühlwasserskreislaufs von dem zentralen Pufferspeicher zu den Wärmetauschern der Lüftungsanlage. Darüber hinaus ist in den Hauptsträngen der Wärmeverteilung zu den acht Gebäudeteilen jeweils ein Klimazähler verbaut. Diese kombinierten Wärme- und Kältezähler sind für den breiten Temperaturbereich von 2 bis 130 Grad Celsius geeignet und können sowohl im Heiz- als auch Kühlfall die Energiemengen der Fußbodenheizung erfassen.
In die Hauptzuleitung von den beiden Wärmepumpen zur Heizzentrale ist allerdings ein besonderer Zählertyp notwendig: ein Klimazähler mit dem Energierechner Ultramess 531. Das Rechenwerk kann prozentgenau auf die spezifische Wärmekapazität von über 30 verschiedenen Glykolsorten und Kältemitteln programmiert werden. Die Voreinstellung übernimmt WDV-Molliné bereits vor Auslieferung. „Somit entfällt die zeitintensive Programmierung bei Inbetriebnahme vor Ort“, begrüßt Reiner Steup den Service. Er ist Geschäftsführer des ausführenden Installationsunternehmens Kühn Haustechnik GmbH aus Usingen und Projektleiter seines Gewerks beim Schulneubau.
|Temporäre Messtechnik optimiert Pumpen
Das Aufspüren von Potenzialen zur Energieeinsparung auf dem neuen Campus beginnt jedoch nicht erst mit dem Energie-Monitoring nach Aufnahme des Schulbetriebs. Schon bei der Inbetriebnahme der Heizanlage wurden erste Effizienzmaßnahmen durchgeführt. Dazu zählte die messtechnische Überprüfung der Volumenströme nach dem hydraulischen Abgleich und die daran angepasste Einstellung der Pumpenförderhöhe.
Reiner Steup kennt die große Lücke, die oft zwischen theoretischer und tatsächlich erforderlicher Pumpenförderhöhe klafft: „Die Voreinstellung der maximalen Pumpenförderhöhe ermittelt in der Regel der Pumpenhersteller. Die Basis dafür sind die Rohrnetzberechnung und die einzelnen hydraulischen Widerstände, die den hydraulischen Abgleich der Verteilleitungen und Heizkreise gewährleisten. Doch Simulationen von Leitungsnetzen am Computer, die auf Planungsunterlagen beruhen, weichen in Teilen immer von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Entweder weil im Bauverlauf andere Installationslösungen gefunden werden mussten oder weil alternative Bauteile eingesetzt wurden“, berichtet Steup aus der Praxis. Daher plädiert er bei größeren Anlagen generell für eine Messung der tatsächlichen Sollfördermengen in verschiedenen Betriebsszenarien. Sein Argument: „Wenn die Pumpenförderhöhe exakt zum tatsächlichen Differenzdruck passt, ist auch die Regelung im Teillastbetrieb effizienter und spart somit viel Energie.“
Die Messungen auf dem Schulcampus bestätigen das. WDV-Molliné stellte hier für den temporären Einsatz sogenannte Clamp-on-Zähler bereit. Oliver Ebelshäuser, bei dem Messtechnikspezialisten Gebietsleiter für Hessen und Rhein-Main, erklärt das Verfahren: „Clamp-on-Zähler leiten ihren Namen von der Installationsart ab – sie werden einfach von außen auf das Rohr aufgeschnallt, ebenso die Temperaturfühler. Die Durchflussmengen werden per Ultraschall erfasst. Da also kein Eingriff ins Rohrnetz erforderlich ist, können Messungen an bestehenden Leitungen schnell und genau an der Stelle vorgenommen werden, die für eine exakte Messung geeignet ist“, so der Experte von WDV-Molliné.
Mit der messtechnischen Überprüfung des hydraulischen Abgleichs konnten die Förderhöhen der insgesamt 48 Zirkulationspumpen dann im Übrigen tatsächlich optimiert werden. Reiner Steup schätzt das Einsparungspotenzial dieser Maßnahme auf 10 bis 15 Prozent der gesamten Pumpenleistungsaufnahme.
„Eine energieeffiziente Heizung, Kühlung und Lüftung von Gebäuden ist nur über eine entsprechende Gebäudeautomation möglich – einschließlich eines aussagefähigen Energie-Monitorings“, zieht Achim Braun vom Hochtaunuskreis ein Fazit. Grundvoraussetzung für ein entsprechendes Messstellenkonzept sind passende Energiemengenzähler mit ihren vielfältigen Schnittstellen zur Aufschaltung an die Gebäudeleittechnik. Außerdem können schon bei der Inbetriebnahme temporär eingesetzte Clamp-on-Zähler exakte Daten für die optimierte Einstellung der Pumpenförderhöhen bieten und so die Energiekosten senken.
Info
Ultraschallmessungen (Grafik) ermitteln den Volumenstrom über die sogenannte Laufzeitdifferenz. Dazu senden beziehungsweise reflektieren zwei versetzt angeordnete Ultraschallwandler einen diagonal ausgerichteten, kurzwelligen Schall in das Rohr. Läuft der Schall mit der Fließrichtung, wird er schneller von der Empfängereinheit registriert, läuft er jedoch gegen die Fließrichtung, benötigt der Schall mehr Zeit für diesen Weg. Eine Elektronik wertet die Laufzeitdifferenz aus. Im Vergleich zu Flügelradzählern verfügen Ultraschallzähler über einen breiteren Messbereich. Und da die Messung ohne mechanische Teile erfolgt, weisen Ultraschallzähler einen geringeren Druckverlust auf. Außerdem sind sie deutlich unempfindlicher bei Verschmutzungen im Medium.
Kennwort: WDV-Molliné
www.molline.de