„Erbpacht-abzocke“ nannte die Bild-Zeitung Hamburg in einem Beitrag vom 31. Januar 2019 die neuen Erbbauzinsen für ein Grundstück in der Hansestadt. Der Hintergrund: das Erbbaurecht für ein Grundstück mit einem Einfamilienhaus war abgelaufen, und die Stadt hatte den Hausbesitzern einen neuen Vertrag mit einem deutlich höheren Erbbauzins angeboten. in einer Stadt wie Hamburg ist das keine Überraschung, denn für die Berechnung des Erbbauzinses wird hier – wie üblich – der Bodenwert zugrunde gelegt. wenn der gestiegen ist, steigen die Kosten beim Abschluss neuer Verträge entsprechend. Der deutsche Erbbaurechtsverband erklärt, welche Möglichkeiten die Vertragspartner haben, um dennoch zu einer guten Lösung zu kommen.
Laut einer Studie des Deutschen Erbbaurechtsverbands aus dem Jahr 2017 werden bei 22 Prozent aller Erbbaurechtsgeber bis 2030 Verträge in großem Umfang auslaufen. Eine zweite große Welle ist von 2040 bis 2060 zu erwarten. Denn in Deutschland haben die Kommunen nach dem Zweiten Weltkrieg besonders viele Erbbaurechte ausgegeben, um Flüchtlingen und Rückkehrern die Bildung von Wohneigentum zu ermöglichen. Die meisten dieser Verträge sind auf 70 bis 99 Jahre angelegt, sodass sie in den kommenden Jahrzehnten enden werden. Wenn das Erbbaurecht ausläuft, kann der Erbbaurechtsgeber den Hausbesitzern neue Verträge anbieten. Diese müssen aber den geltenden Vorgaben entsprechen. In Hamburg hatte beispielsweise der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen 2017 festgelegt, den Erbbauzins bei neuen Vergaben auf 2,1 Prozent des Bodenwerts pro Jahr zu senken. Dennoch steigt der absolute Erbbauzins, weil Grund und Boden in der Stadt deutlich teurer geworden ist.
„Das ist einerseits im Sinne der kommunalen Finanzen und damit der Allgemeinheit“, sagt Dr. Matthias Nagel, der Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbands.
„Allerdings sind die Bodenwerte an vielen Standorten so stark gestiegen, dass manche Erbbaurechtsnehmer auch bei niedrigen Zinsen das Geld nicht mehr aufbringen können. Dann sind andere Lösungen gefragt.“ So die Einschätzung. Eine Möglichkeit ist es, dass der Erbbaurechtsgeber dem Erbbaurechtsnehmer sein Haus abkauft und es ihm anschließend zu erschwinglichen Konditionen vermietet. In diesem Fall wird meist ein Eigentümererbbaurecht eingetragen. Dann sind Grundstückseigentümer und Erbbaurechtsnehmer dieselbe Person. Wenn der Mieter auszieht, kann das Erbbaurecht neu vergeben werden. Es handelt sich dabei also meist um eine Übergangslösung.
„Viele Grundstücke, die in den 50er- und 60er-Jahren vergeben wurden, sind sehr groß. Denn früher wurden die Gärten noch stärker für die Selbstversorgung mit Obst und Gemüse genutzt. In vielen Fällen ist es deshalb möglich, die Erbbaugrundstücke zu halbieren und darauf mehrere Häuser zu errichten“, weiß Matthias Nagel. Dadurch kann sich der neue Erbbauzins erheblich verringern. Viele Erbbaurechtsgeber haben größere Verhandlungsspielräume, wenn die Verträge vorzeitig verlängert werden, anstatt neue Verträge auszuhandeln. Erbbaurechtsnehmer sollten also frühzeitig das Gespräch suchen. Damit verschaffen sie sich erstens Planungssicherheit und zweitens werten sie ihr Haus auf. Denn Erbbaurechte mit langen Laufzeiten sind für Käufer attraktiver und werden von Kreditinstituten deutlich besser bewertet.
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