Mit der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens im Jahr 2019 gegen Deutschland ist bekannt, dass die Europäische Kommission die Regelung des Paragrafen 3 Absatz 7 Seite 2 VgV, wonach der geschätzte Gesamtwert aller Lose bei Planungsleistungen nur dann zugrunde zu legen ist, wenn es sich um gleichartige Leistungen handelt, als nicht vereinbar mit europäischem Recht erachtet.
Nunmehr ist dem Referentenentwurf der Bundesregierung vom Februar 2023 unter anderem zur Anpassung des Vergaberechts an weitere europarechtliche Anforderungen zu entnehmen, dass Paragraf 3 Absatz 7 Satz 2 aufgehoben wird. Ferner geht aus dem Entwurf hervor: „Die Regelungen, die in Anpassung an die Vergaberichtlinien erfolgen, mithin die Aufhebung von Paragraf 3 Absatz 7 Satz 2 VgV, Paragrafen 2 Absatz 7 Satz 2 und Paragraf 3 Absatz 7 Satz 3 VSVgV sowie die Ergänzung von Paragraf 46 Absatz 3 SektVO, treten hingegen unmittelbar am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Dies soll eine möglichst zeitnahe Übereinstimmung mit dem Europarecht gewährleisten.“
Soweit dieser Entwurf in eine Gesetzesänderung mündet, stellt die Löschung dieses „kleinen“ Satzes aus der Verordnung die tägliche Vergabepraxis der öffentlichen Auftraggeber vor eine „große“ Herausforderung. Denn es ist unlängst bekannt, dass insbesondere die Fachplaner TGA HLS und Elektro sowie je nach Bundesland auch die Tragwerksplaner kein Interesse haben, sich an den europaweiten Ausschreibungen zu beteiligen. Das wird einerseits damit begründet, dass die Fachplaner kaum über freie Kapazitäten verfügen und in Anbetracht des hohen Aufwands und der Langwierigkeit, die die Beteiligung an diesen Ausschreibungen mit sich bringt, ein abschreckendes Moment enthält und kleineren Büros keinerlei Planungssicherheit bietet. Andererseits geht die Beteiligung der Unternehmen an der öffentlichen Ausschreibung oft ins Leere und mündet nicht in einem Auftrag. Das steht dann nicht in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Aufwand an der Beteiligung und der Erfolgsquote, als Bestbietender hervorzugehen.
Die Kubus GmbH, die die Kommunen bei der Ausschreibung von Planungsleistungen unterstützt, nimmt die Beweggründe der Bieter ernst und gestaltet die europaweiten Ausschreibungen für die Fachplanungen so, dass diese in einem weniger aufwendigen Verfahren mit einer schlichten Bewertungsmatrix eingekleidet werden: „Nur so können wir Aufhebungen respektive Teilaufhebungen und daraus resultierend auch Folgeverfahren eingrenzen, um die Umsetzung der Bauvorhaben nicht zu gefährden“, heißt es aus Wetzlar.
Die europäische Kommission könnte die Nachteile, die die Löschung des Paragrafen 3 Absatz 7 Satz 2 VgV nach sich zieht, abfedern, indem sie die Schwellenwerte für die Erbringung von Dienstleistungen, gegebenenfalls mit Blick auf die Planungsleistungen, besser an den Schwellenwerten für Bauleistungen orientiert und deutlich anhebt. Und das bleibt abzuwarten.
Christina Fink
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