Bei der Sanierung eines Baumarkts in Bonn musste die Projektbeteiligten nachhaltige Lösungen für ein Dach mit geringer Tragfähigkeit finden. Dies wirkte sich unter anderem auf die Wahl der Dämmung und der PV-Module aus.
Bei der Sanierung eines Bestandsgebäudes sind die Ausführenden immer wieder überrascht, was beim Öffnen von Dach, Wand oder Decke zum Vorschein kommt. Vermeiden lassen sich solche Überraschungen nicht, aber durch ein gutes Zusammenspiel von Planer, Bauherrschaft und Handwerker entschärfen: Dann nämlich können notwendige Änderungen im Ablauf schnell beschlossen werden, ohne den Baufortschritt zu verzögern.
Bei der Sanierung von acht Dachflächen in Bonn funktionierte dieses Zusammenspiel so reibungslos, das Marco Prediger, zuständiger Bauleiter bei der ausführenden Wierig GmbH, den Sanierungsverlauf mit großer Zufriedenheit betrachtet: „Auch vom Dämmstoffhersteller hatten wir maximalen Support. So wurden wir zum Beispiel just in time beliefert, wenn unsere Arbeiten in schnellerem Takt liefen als erwartet – für uns bei solchen Objekten das Nonplusultra.“
Energieoptimiert und nachhaltig
Das „Objekt“ ist eine Liegenschaft in Bonn mit einem von Bauhaus gemieteten Markt, dessen auf acht Gebäude verteilte und rund 12000 m2große Dachfläche nach 40 Jahren bereits Risse und Löcher aufwies. Deshalb erteilte die Carl Knauber Holding als Eigentümerin dem Architekten und DGNB Auditor Sebastian Fest den Auftrag zur Erstellung und Umsetzung eines Masterplans. Der sollte die Nutzung der Liegenschaft für die nächsten 25 Jahre sichern.
Laut Fest, Mitgeschäftsführer des Architektenbüros ARCHIprocess in Dresden, umfasste der Sanierungsauftrag zwei Teilprojekte: „Die Baumarktflächen mit Apotheke, auszuführen im KFW-Standard 70 EE, und die Sanierung des historischen Bürogebäudes in KfW 40 EE-Bauweise. Beide Bauaufgaben schlossen eine Hüllflächensanierung, die Umstellung der Wärmeversorgung auf Luft-Wärmepumpe und die Errichtung einer PV-Anlage mit rund 1,2 MWp Leistung ein. Auch die Lüftungsanlagen wurden erneuert, um einen förderfähigen Energiestandard zu erreichen.“
Daneben legte die Bauherrschaft Wert auf schadstoffarme, recyclingfähige Baumaterialien mit möglichst hohem Anteil an nachhaltigen Rohstoffen. Deshalb kam als Dachdämmung größtenteils LINITHERM LOOP PAL zum Einsatz: Zu rund 60 Prozent aus Biomasse bestehend und CO2-neutral produziert, weist es von allen biobasierten Dämmstoffen die beste Wärmeleitfähigkeit auf.
In Bonn punktete der Dämmstoff des schwäbischen Unternehmens Linzmeier außerdem mit seinem geringen Gewicht. Die Anforderungen an eine nachhaltige Gebäudezertifizierung musste man hier zwar noch nicht erfüllen, sie werden aber bei künftigen Entscheidungen für diesen Dämmstoff eine wichtige Rolle spielen.
Den Zuschlag für die Sanierung des Baumarkt-Dachs bekam die Wierig GmbH, ein familiengeführtes Dachdeckerunternehmen in der 4. Generation, das an seinen drei Standorten in Siegburg, Plankstadt und Wolfsburg rund 200 Mitarbeiter beschäftigt. Dabei liegt die Kernkompetenz bei Industriebedachungen zwischen 2500 und 60000 m2 Dachfläche. In dieser Größenordnung führt das Unternehmen etwa 20 bis 30 Projekte im Jahr aus.
Praktisch keine Lastreserven
Bauleiter Marco Prediger sieht die Schwierigkeiten bei Dach 1 des Bonner Baumarkts zum einen „darin, dass die alten Pläne, auf denen die Sanierungsplanung basierte, in Vielem nicht mehr dem aktuellen Zustand entsprachen. Zum anderen stellte uns die Tragschale – eine Bimsdielenhohlkammerdecke mit 12 m Spannweite – vor die Herausforderung, dass es auf diesem Dach praktisch keine Lastreserven gab.“
Das war zunächst ein planerisches Problem: Schon eine Gefälledämmung aus vergleichsweise leichten PU-Elementen hätte wegen der großen Spannweite in den Bereichen mit höchster Dämmstärke die Lastreserven überschritten. Die vorhandenen Lichtkuppeln hätte man in diesen Bereichen durch Stahlkonstruktionen anheben müssen, und das hätte noch mehr Last aufs Dach gebracht.
Das Gefälle in kleinere Einzelflächen aufzuteilen, war auch keine Option: Dies hätte zum einen die Kosten für Dämmstoff und Arbeitszeit erhöht, zum anderen deutlich mehr Bohrungen für die Entwässerung erfordert. Und jeden Durchbruch der Bimsdielendecke für einen Ablauf hätte man angesichts der geringen Tragfähigkeit aufwändig mit Stahl abfangen müssen.
Marco Prediger erinnert sich, „dass wir die Pläne für die Ausführung während der Baumaßnahme zweimal umgeworfen haben, weil der Dachaufbau so, wie wir ihn uns überlegt hatten, nicht umsetzbar war“. Am Ende entschied man sich für eine ebene, 160 mm starke PU-Dämmung mit LINITHERM LOOP und einen komplett verklebten Dachaufbau – Befestigungsbohrungen in die Bimsdielendecke waren aus statischen Gründen ebenfalls nicht erlaubt.
Blieb noch das Problem der Entwässerung, bei dem man zum Glück auf eine gewisse Neigung der Dachkonstruktion zurückgreifen konnte. „Das war schon ein komfortables Gefälle“, erläutert Marco Prediger: „Da sich die Bimsdielen im Lauf der Jahre durchgebogen hatten, reichte es aber nicht ganz. Es waren nicht immer zwei Prozent, weswegen wir das Wasser nicht zu 100 Prozent abführen konnten. Wir konnten die kritischen Bereiche nur minimieren.“
Kompletter Neuaufbau der Dachfläche
Die geringen Lastreserven auf Dach 1 waren nicht zuletzt auch ein logistisches Problem: Ein Kran, der die gesamte Dachfläche überstrich, ließ sich aufgrund der Innenstadt-Lage nicht aufstellen, mit dem eingesetzten Kran kam man nur etwa 15 m tief ins Dach. Bei der Montage wurden die Stütz- und Binderbereiche für den Baubetrieb ausgereizt. Das reichte, um einen Hub Dämmplatten auf einen Träger zu setzen. Der Weitertransport auf dem Dach erwies sich aber als Herausforderung – vor allem bei der vergleichsweise schweren Mineralfaserdämmung, die man in Teilbereichen verlegen musste, um die vom Brandschutz geforderte Feuerwiderstandsklasse F90 zu erreichen.
Um nicht jede Dämmplatte einzeln an ihren Bestimmungsort zu transportieren, was angesichts einer Tagesleistung von ca. 200 m2 Aufwand und Kosten in unrentable Höhen getrieben hätte, installierten die Dachdecker der Wierig GmbH ein Schienensystemmit Rollwagen.
Transportiert wurde zunächst der Abraum, denn die Dachdecker rissen in einem ersten Sanierungsschritt das gesamte Bestandsdach bis auf die Bimsdielendecke ab. Dann folgte die Montage einer geschweißten bituminösen Dampfsperre. Sie fungierte gleichzeitig als Notdach, das die Bimsdielen vor Regenwasser schützte.
Im nächsten Arbeitsschritt wurden Randbereiche und Durchdringungen (z. B. Lichtkuppeln) mit Mineralfaserdämmung gedämmt, um die Brandschutzanforderungen für das Dach zu erfüllen. Auf dem weitaus größten Teil der Dachfläche verklebten die Dachdecker LINITHERM LOOP PAL-Elemente nach Windlast. Mit λB=0,023 garantieren allein diese Dämmelemente bereits einen Dach-U-Wert von 0,14 W/(m2K).
Dies bei geringem Gewicht und schlankem Dachaufbau, was bei der geringen Traglast und der durch die Lichtkuppeln limitierten Aufbauhöhe ein optimales Ergebnis ermöglichte. In den mit Mineralfaser gedämmten Bereichen wurde ein U-Wert bis 0,20 W/(m2K) erreicht. Den oberen Abschluss der Dachfläche bildete eine ebenfalls verklebte Dachabdichtung von Köster.
Rückbau bringt zusätzliche Lastreserven
Im Zuge der Dämmarbeiten wurde auch die gesamte Entwässerung erneuert, weil die alte Verrohrung laut Marco Prediger „teils marode, teils verstopft, teils in puncto Weg durchs Gebäude nicht mehr nachvollziehbar war“. Aus statischen Gründen wurde außerdem die gesamte Entwässerungslinie überarbeitet, die Zahl der Töpfe wurde verdoppelt, um die geforderten Abflussmengen zu erreichen. Ergänzt wurde diese Entwässerung durch ein Notsystem, das mit Unterdruck arbeitet.
Mit dem neuen Dachaufbau brachte die Wierig GmbH rund 20 kg/m2 aufs Dach – trotz der geringen Traglast ein Wert mit Sicherheitsreserven. Dies umso mehr, als man in Zuge der Sanierung „eine ganze Menge an TGA zurückbaute, die im Lauf der Jahre installiert worden war. Größere Teile der Dachfläche waren mit Lüftungsanlagen und -kanälen, Klimageräten für Serverräume, Sanitärlüftern, Wärmepumpen und Wärmetauschern überbaut – um die Lasten hatte man sich dabei offenbar wenig Gedanken gemacht. Im Zuge der Komplettsanierung haben wir das alles zurückgebaut. Dadurch haben wir uns zusätzliche Lastreserven geschaffen.“
Sechs von acht Flächen abgeschlossen
Bauherrschaft und Architekt waren mit dem Ergebnis auf Dachfläche 1 hochzufrieden, die Wierig GmbH bekam auch den Zuschlag für die nächsten Dächer. Diese waren deutlich unkomplizierter, bestand hier die Tragkonstruktion doch aus großformatigen Trapezblechen, die auf Betonunterzügen und -stützen liegen.
In der Folge arbeitete die Dachdeckerei auf bis zu drei Dachflächen parallel, räumte die alten Dachaufbauten bis auf die Tragschale ab, montierte fehlende Wechsel an Blechdurchdringungen und ersetzte stellenweise montierte Wechsel aus Holzbalken, weil sie den heutigen Anforderungen an den Brandschutz nicht mehr entsprechen.
Anschließend montierte die Dachdecker die neuen Bauteilschichten, die dem Aufbau von Dach 1 weitgehend entsprachen. Allerdings konnte man hier eine selbstklebende Dampfbremse verarbeiten und den gesamten Aufbau mit Befestigern im Blech fixieren.
Die Entwässerung war bei diesen Dächern unkompliziert, da die Trapezbleche bereits eine ausreichende Neigung aufweisen. Auch die Lastreserven waren hier höher als beim Bimsdielendach.
Dies ermöglichte im Zusammenspiel mit dem geringen Eigengewicht der LINITHERM LOOP PAL Dämmelemente die Montage von aufgeständerten PV-Modulen auf den Dachflächen. Auf Dach 1 wurden Hybridmodule aus Fieberglas mit eingeklebten PV-Modulen eingebaut, die nur 7 kg/m2 wiegen. „Noch leichter sind mit 3,5 kg/m2 die PV-Module auf den transparenten Dächern der Gewächshaushallen“, erläutert Sebastian Fest: „Hier wurde außerdem die Dachverglasung gegen Polycarbonat getauscht, um den U-Wert zu verbessern und das Gewicht zu reduzieren. Wo möglich haben wir außerdem Gründachflächen eingeplant.“
Inzwischen haben die Mitarbeiter der Wierig GmbH sechs der acht anstehenden Flächen abgeschlossen. Darunter war auch eine Mischkonstruktion auf Dach 4, bei dem man die Bimsdielen vor etlichen Jahren aufgebrochen hatte, um mit stark geneigten Trapezblechen aufzustocken.
Für Marco Prediger „waren die Herausforderungen hier sehr viel kleiner als bei Dach 1. Die Bimsdielendecke hatte eine deutlich geringere Spannweite, weshalb eine mechanische Fixierung und Bohrungen kein Problem waren. Im Übergang zwischen Bims und Blech mussten wir allerdings mit einer Mineralfaserdämmung arbeiten, um die Brandschutzanforderungen zu erfüllen.“
In der Aufstockung geht das um 7 Grad geneigte Flachdach in ein Steildach mit 30 Grad über, weshalb man das Rutschen von Dämmung und Dachabdichtung mit Stahlzargen verhindern musste. Die stärkere Neigung erforderte außerdem einen Wechsel der Abdichtungsbahn.
Fazit
Für das gesamte Sanierungsprojekt veranschlagt Marco Prediger eine Bauzeit von zwei Jahren, die letzte Dachfläche wird in 2026 saniert.
„Dabei wäre die Ausführung sicher nicht so gut gelaufen, wenn nicht alle Beteiligten Hand in Hand gearbeitet hätten. Wenn es eine unangenehme Überraschung gab, genügte in der Regel eine kurze Rücksprache mit Architekt und Bauherrschaft, um die Maßnahmen auf dem Dach an den neuen Kenntnisstand anzupassen.“
Das positive Fazit schließt auch den Dämmstoffhersteller Linzmeier ein, mit dem Marco Prediger zum ersten Mal zusammengearbeitet hat.
Für den Bauleiter im Rückblick eine gute Idee: „Von Produkt und Hersteller bin ich heute absolut begeistert. Über Service, Abwicklung und Support kann man nur Gutes sagen, bei Problemen fühlte man sich nie alleingelassen, nie haben wir gehört: »Das geht nicht!« Die LINITHERM LOOP PAL Dämmelemente haben einen sehr guten Kosten-/Nutzen-Faktor, sind gut zu recyceln und gesundheitlich unbedenklich. Ich bin heute ein absoluter Fan dieser Platte, die auf der Baustelle sauber und leicht zu verarbeiten ist.“
Nur ein Wunsch ist für Marco Prediger noch offen: „Für mich ist das der Dämmstoff der Zukunft, aber es wäre super, wenn man ihn in Richtung Schwerentflammbarkeit weiterentwickeln könnte.“
Dr. Joachim Mohr, Tübingen
Adressen
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Industriestr. 21
88499 Riedlingen
Tel. 07371/1806-0
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Tel. 02241/59450
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