„Katastrophenwinter!“, „Schneechaos!“, „das Allgäu versinkt im Schnee!“ So oder so ähnlich lauteten nicht wenige Schlagzeilen im vergangenen Winter. Fragt man Georg Seitz, Gemeindemitarbeiter in Mittenwald und in Sachen Schneeräumung immer an vorderster Front, hört sich das alles nicht mehr ganz so dramatisch an: „So etwas kommt alle paar Jahre mal vor“, sagt er. Mit „so etwas“ meint er, dass er und seine Kollegen wochenlang durchgehend im Einsatz sind, weil es immer weiter schneit. Das hört sich nach einer Herkules-Aufgabe an, doch die Männer in Mittenwald begegnen ihr mit dem Zusammenspiel von Professionalität, der richtigen Ausrüstung und der nötigen Portion Gelassenheit beim frühmorgendlichen Blick aus dem Fenster.
Seitz hat schon viele Winter hier erlebt, seit 27 Jahren fährt er Winterdienst in Mittenwald, die meiste Zeit davon auf einem Unimog. Viel zu tun gibt es jeden Winter, denn hier auf 920 Metern Höhe zwischen Karwendel und Wettersteingebirge fällt oft eine Menge Schnee. Das Gebiet von Markt Mittenwald erstreckt sich über 132 Quadratkilometer, und manchmal ist es eine echte Mammutaufgabe, die rund 60 Kilometer Straßennetz befahrbar zu halten. Dafür stehen auf dem Bauhof Mittenwald neben Radladern, Traktoren und Lkw auch zwei Unimog bereit: Ein U 1400 ist hier schon seit 18 Jahren im Einsatz und hat in dieser langen Dienstzeit seine Unverwüstlichkeit unter Beweis gestellt. Nicht zuletzt deshalb fiel die Wahl nicht schwer, als es darum ging, den Fuhrpark weiter aufzustocken. So fand vor vier Jahren noch ein U 218 den Weg nach Mittenwald. Wohlgemerkt nicht als Ablösung, der „Alte“ bleibt weiterhin im Einsatz, aber der neuere „kleine“ Unimog hat einiges zu bieten, was ihn für die meisten Aufgaben zur ersten Wahl macht.
Georg Seitz ist der Stammfahrer auf diesem Unimog und nennt als erstes den Fahrkomfort, der sogar auf Einsatzfahrten zum Winterdienst Pkw-Feeling aufkommen lässt. Trotzdem kann er sich weiterhin auf die Unimog-typische Robustheit verlassen, und natürlich stehen ihm auch hier der permanente Allrad-Antrieb und die variabel schaltbaren Differentialsperren zur Verfügung. 133 Kilowatt (177 PS) sorgen für den Vortrieb und bieten genügend Reserven für diverse Anbaugeräte wie zum Beispiel die Kahlbacher Schneefräse, mit der Seitz im Winter meistens unterwegs ist. Je nach Schneelage kann so ein Einsatz auch schon mal um 3 Uhr morgens beginnen. Dann werden zuerst die wichtigsten Durchgangs- und Umgehungsstraßen geräumt. Erst wenn die Hauptverkehrsadern frei sind, geht es mit den kleineren Straßen im Ort weiter. Im Ortskern kann der U 218 eine seiner weiteren Stärken ausspielen: Mit 2,15 Metern Breite kann er sich in den engeren Gassen Mittenwalds immer noch gut bewegen, auch der mit 12,60 Metern überraschend kleine Wendekreis ist hier beim Rangieren ein nicht zu vernachlässigender Vorteil.
Während in den Außenbezirken und an den Bundesstraßen meistens ein Unimog allein unterwegs ist und mit der Fräse den Schnee auf die angrenzenden Felder werfen kann, wird es innerorts etwas komplizierter. Sauber abgestimmt muss ein Kipper nah hinter der Fräse herfahren und den Schnee aufnehmen. Ist er voll beladen, bringt er den Schnee zu einem der Abladeplätze und fährt dann wieder zu einer Schneefräse. Um möglichst viele Straßen möglichst schnell passierbar zu machen, wird an verschiedenen Stellen im Ort gleichzeitig geräumt, das bedeutet: Eine gute Koordination der verschiedenen eingesetzten Fahrzeuge und Fahrer ist das A und O einer schnellen Schneeräumung. Da jede Kombination aus Schneefräse und Lkw auch noch vorschriftsgemäß zu beiden Seiten gesichert werden muss, sind spätestens dann alle 20 Bauhof-Mitarbeiter im Einsatz. Bei besonders aufwendigen Schneelagen kann Bauhof-Chef Christof Hagen auf die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden zählen. Man hilft sich gegenseitig aus, wenn’s mal eng wird.
Eng wurde es zum Beispiel im Winter 1999, erinnert sich Georg Seitz. In seiner Dienstzeit waren das die schneereichsten Tage bisher. Aber auch im letzten Winter wurde schon der Platz knapp, auf den der Schnee aus dem Ortsinneren abgeladen werden konnte. Drei Abladeplätze auf dem Gemeindegebiet kamen an ihre Grenzen. Als unbedarfter Besucher fällt einem noch freier Platz ins Auge, denn direkt neben dem Bauhof fließt die Isar durch Mittenwald Richtung Norden. Doch während wenige Kilometer stromaufwärts die österreichischen Kollegen den von den Straßen geräumten Schnee im Flußbett entsorgen dürfen, ist das auf deutscher Seite umweltrechtlich nicht möglich.
Mittenwald hat zirka 7300 Einwohner, aber über das Jahr verteilt zusätzlich 560.000 Übernachtungen. Die vielen Besucher lieben das Naturerlebnis rund um den Ort im Sommer wie im Winter. Dafür stehen rund 40 Kilometer Wanderwege zur Verfügung, und auch davon muss ein Teil geräumt werden.
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