Städte gelten nicht unbedingt als Vorreiter der Digitalisierung. Doch gerade im Bereich der Mobilität sind sie die Richtigen, um gemeinsam mit den Stadtwerken eine Transformation anzustoßen. Die Stadt kann mit einer digitalen Plattform alle ihre Dienste samt ÖPNV bündeln und den Bürgern ein praktisches Servicetool an die Hand geben, das ihren Alltag erleichtert. Auf Basis der gewonnenen Daten können außerdem Angebote zielgenau auf die tatsächlichen Bedürfnisse zugeschnitten und sogar dem Gemeinwohl zuträgliches Verkehrsverhalten durch Incentivierungen gefördert werden.
Der Bund hat eine große Digitalisierungsoffensive für Verwaltungen eingeführt, denn nicht nur die Erwartungen der Bürger an bessere Services steigen, sondern auch die Kosten, die von ineffizienten Prozessen verursacht werden: Städte und Kommunen kommen nicht umhin, die digitale Transformation anzugehen.
Die Eigenbetriebe der Stadtwerke mit dem Schwerpunkt Mobilität können dafür ein geeigneter Nukleus und Einstiegspunkt sein, wenn die Digitalisierung als neuer Zugang zu Mobilitätsangeboten gestartet wird. Denn Städte sind angehalten, ein Mindestmaß an Mobilität bereitzustellen, da das Recht auf Teilhabe gesetzlich verankert ist. Sie haben einen öffentlichen Auftrag, müssen aber trotzdem wirtschaftlich sinnvoll arbeiten.
Als Anbieter von Mobilität stehen die Stadtwerke mit ihren öffentlichen Verkehrsmitteln meist im Zentrum der städtischen Verkehrsstrategie. Um zukunftsfähig zu sein, sollten auch die immer beliebteren Bike- und Carsharing-Angebote ins Auge gefasst werden. Genau da greifen dann digitale Lösungen, die den öffentlichen Personenverkehr flüssiger und umweltfreundlicher machen: Eine Mobilitätsplattform fasst alle öffentlichen Verkehrsangebote zusammen und User können über eine Smartphone-App ihre bevorzugte Reisevariante auswählen und buchen.
Die Digitalisierung erlaubt es zudem, mit dem Bestand an städtischer Infrastruktur wie Parkhäusern, ÖPNV oder dem Straßennetz bestmöglich umzugehen. Über- und Auslastungen können vermieden werden: durch eine Verschiebung im Raum (andere Strecken), der Zeit (andere Fahrtzeiten) und dem Fortbewegungsmittel (Auto, Rad, Bus, Ride-Sharing).
Der Handlungsdruck ist insgesamt hoch: Großstädte mit Feinstaubalarm und verstopften Innenstädten sind ebenso unter Druck wie ländliche Mittelzentren, bei denen die Aufrechterhaltung eines flächendeckenden Taktverkehrs und die Verbesserung der Anbindung aus der teils dünn besiedelten Region die Hauptaufgabe darstellt. Daher können auch mittelgroße Städte mit digitalisierten Mobilitätsangeboten den Pendlerverkehr und die Logistik der Versorgung steuern. Die Stadt kann mit ihrem Angebot zum Beispiel helfen, den Weg zur Arbeit für Arbeitnehmer und damit für örtliche Unternehmen zu digitalisieren.
Für eine effiziente Digitalisierung städtische Dienste digital bündeln
Städte können schnell von der Digitalisierung profitieren, wenn sie ihre heterogenen und oft noch analogen Dienstleistungen vernetzen. In dieser Hinsicht tut sich etwas: Manche Kommunen nehmen den Radverkehr in den Fokus, andere entwickeln Apps für die Staukommunikation. Noch sinnvoller wäre jedoch die Bündelung in einer Plattform, und zwar erstens, um konkrete Daten zu erheben und zweitens, um Incentivierungen für die Bürger zu schaffen. Die Bündelung unterschiedlichster Verkehrsdaten in einer Mobilitätsplattform ermöglicht es zudem, die Vorteile der künstlichen Intelligenz für die Mobilitätsangebote zu nutzen. Durch die Verkehrsdatenerfassung können lernende Systeme durch Mobilitätsprognosen präventiv z.B. zur Stauvermeidung beitragen, Verkehrsströme können in Echtzeit analysiert, die Auslastung des Öffentlichen Verkehrs vorhergesagt und dadurch bedarfsorientiert optimiert werden.
Daten und Nutzerprofile in städtischer Hand
Die USP einer Plattform-Lösung liegt in den gewonnenen Mobilitäts-Daten der Bürger: Diese werden von der Stadt erhoben, liegen auf sicheren Servern und können entsprechend DSGVO-konform oder anonymisiert verwendet werden. Bei der Nutzung von Google-Diensten bei der Planung der Mobilität ist das anders: Die Daten werden in den USA gespeichert und ausgewertet.
Auf Basis dieser Daten kann die städtische Mobilität verbessert und mit den vorhandenen Informationen vernetzt werden. Die Stadt weiß über Betriebsleitsysteme zum Beispiel, wann Busse oder Bahnen fahren und sie weiß durch das Baustellenmanagement, wann und wo am Folgetag Verkehrsprobleme im Stadtgebiet auftauchen werden. So ist sie in der Lage, Alternativen zu Sperrungen aufzuzeigen und es entsteht eine WinWin-Situation: Pendler stehen nicht im Stau und die städtische CO2-Bilanz wird besser. Da die Stadt genauere Informationen als Google bereitstellen kann, wird sie für die Bürger als Informationsquelle interessanter.
Außerdem kann sie Kapazitäten selbst bedienen und Nahverkehrsangebote entsprechend steuern. In Stoßzeiten können mehr ÖPNV-Verbindungen eingesetzt werden, um Staus zu verhindern. Gleichzeitig können Anreize gesetzt werden, diese auch zu nutzen. Wenn Pendler nicht mehr mit dem Auto fahren sollen, können alternative Angebote wie Mitfahrgelegenheiten, Car- und Bikesharing in das Angebot integriert werden.
Für die User entsteht der Vorteil, dass das Angebot digital nicht nur von überall nutzbar ist, sondern auch fortlaufend: Abhängigkeiten von Öffnungszeiten oder Ansprechpartnern fallen weg.
Und die Stadtwerke selbst können ihren Vertrieb optimieren, denn gerade der von ihnen betriebene öffentliche Nahverkehr ist oft ein Zuschussgeschäft. Gewinn entsteht dagegen in den Angeboten als Energieversorger. Beide Kundengruppen sind meist nicht miteinander verbunden. Digitale Angebote können helfen, dies zu überwinden und damit die jeweils andere Kundengruppe zu erschließen: Strom-Kunden könnten dann günstiger Bus fahren und anders herum.
Incentivierungen für andere Mobilität
Um ein Mobilitätsverhalten zu fördern, das dem Gemeinwohl dient, bestehen ganz allgemein zwei Möglichkeiten: Barrieren aufbauen oder Anreize schaffen. Durch City Maut und rare sowie teure Parkplätze steigen Bürger eher auf den ÖPNV um. Doch Incentivierungen sind smarter: Die städtische Verkehrsstrategie kann auch mithilfe von digitalen Services, die Benefits für den Bürger bieten, umgesetzt werden.
Auf der digitalen Plattform kann zum Beispiel eine Empfehlung gegeben werden, dass zu Stoßzeiten oder am Tag eines Konzerts besser der ÖPNV genutzt wird. Wer der Empfehlung folgt, sammelt Bonuspunkte, die er gegen eine Belohnung eintauschen kann. Die Stadt bietet per se viele Dienste an – darunter zum Beispiel Stromversorgung und Müllabfuhr, ÖPNV oder Parkhäuser. Damit kann sie ein breites Paket von Incentives schnüren – günstigere Parktickets, kostenloser Eintritt ins Schwimmbad etc. Die Bürger werden so nicht nur informiert, sondern erhalten einen Anreiz, sich sozial zu verhalten. Auch muss die Stadt nicht viel mehr Geld in die Hand nehmen, da sie aus bereits vorhandenen Dienstleistungen schöpfen kann. Das Miteinander kann so auf kluge Weise ohne eine Zunahme an Regeln verbessert werden.
Wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass eine Teilnehmerquote von 100 Prozent nicht realistisch ist. Wird das angestrebt, werden Lösungen langwierig und schwierig. Sinnvoller ist es, eine agile Entwicklung anzustreben, zu sehen, wie die Angebote angenommen werden und sie dann der Nachfrage anzupassen.
Städtische Dienste mit Single-Sign-On verbunden
Osnabrück etabliert in Zusammenarbeit mit der highQ Computerlösungen GmbH aus Freiburg ein System, das alle städtischen Dienste über ein Single-Sign-On verbindet. Der User durchläuft also nur einmal einen Registrierungsprozess, in dem er einmalig seine Daten hinterlegt und kann dann über das System auf alle Dienste zugreifen. Am Ende des Monats erhält er eine Abrechnung mit Übersicht der in Anspruch genommenen Leistungen.
So entsteht ein integriertes Vertriebssystem, das zukünftig auch mit einem integrierten Zeitmeilen-Incentivierungsmodul erweitert werden kann. Die highQ Mobilitätsplattform verknüpft die städtischen Mobilitätsangebote und Dienste wie CRM, Aboverwaltung oder Beschwerdemanagement. Durch die Zusammenführung der verschiedenen Informationsquellen lernt die Stadt den Kunden besser kennen und kann ihre Angebote darauf ausrichten: Durch die erhobenen Mobilitätsdaten kann die Stadt Bedarfe früh erkennen und zum Beispiel einen Mobilitätshub einrichten, wenn sich herausstellt, dass an einer Bushaltestelle besonders oft auf das Rad umgestiegen wird.
Fazit
Mit einem digitalisierten Plattform-Mobilitätsangebot innerhalb ihrer Stadtwerke können Kommunen und Städte den Bürgern nicht nur innovative und praktische Angebote machen, die Mobilität und den Alltag erleichtern. Sie gewinnen gleichzeitig eine bessere Datenlage, wenn sie die Vielzahl ihrer Dienstleistungen digital vernetzen. Daraus resultieren vielfältige Möglichkeiten der Automatisierung, durch die Prozesse schlanker aufgesetzt und effektiver gestaltet werden können.
Weitere Informationen: www.highQ.de
Autor: Dr. Katharina Peine, Software project management, HighQ Computerlösungen